Expo Chicago: Diversität normal
Kaiserwetter in Chicago. Ob die ungewohnte Sommersonne der Expo Chicago zum Vor- oder Nachteil gereicht, lässt sich zur Eröffnung noch nicht sagen. In ihrer zweiten Ausgabe zum Frühjahrstermin scheint die Messe jedenfalls einen guten Start zu haben. Das Teilnehmerfeld ist wieder etwas internationaler. Allein aus Deutschland sind acht Galerien dabei, darunter Max Hetzler und Michael Werner. Unter den 175 Ausstellern überwiegen jedoch die einheimischen Galerien. Den Hauch der weiten Welt bringen vor allem die beiden kuratierten Sektionen, die auch die spannendsten jungen Positionen zeigen.
Direktor Tony Karman weiß seine eigene Veranstaltung recht genau einzuordnen. Die Expo sei eine internationale Messe für einen regionalen Markt, erklärt er. Die Region erstreckt sich von den Great Lakes über den gesamten Mittelwesten bis nach Texas.
Corbett vs. Dempsey ist eine der Top-Galerien in Chicago und gehört zu den aktivsten Promotern der örtlichen Kunstszene in der Welt. Sie haben Höhen und Tiefen der Szene und des Marktes vor Ort erlebt. Es gebe eine ständige Wellenbewegung und momentan lasse sich nicht sagen, wo sie sich gerade befänden, meint Jim Dempsey. Die Messe fühle sich jetzt zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie normal an. Letztes Jahr habe noch zu viel Unsicherheit geherrscht. Es sei wie mit einer Fabrik, die nach einem Stillstand wieder aktiviert werde. Die Maschinen liefen wieder, aber hier und da hake es noch im Getriebe. Immerhin hat die Galerie wenige Stunden nach Eröffnung bereits eine Handvoll Arbeiten verkauft, an Chicagoer wie an Auswärtige - "Out of Towners". Das sei in den letzten Jahren nicht selbstverständlich gewesen.
Der Berliner Freddy Kornfeld gehört in Chicago fast schon zum Inventar. Er ist es daher gewohnt, dass nicht jedes Jahr gut läuft und dass die Verkäufe eher gegen Messeende getätigt werden. Trotzdem schätzt er die Veranstaltung sehr, weil das Publikum hier queeren und diversen Themen gegenüber offener sei. Die Arbeit seines kolumbianischen, in Barcelona lebenden Künstlers Giorgio Celin (5.500 bis 18.000 Euro) dreht sich um Anderssein und Gender Fluidity. Schon aus der Berliner Ausstellung habe er hauptsächlich in die USA verkauft. Und auf der Messe haben schon Sammler aus Chicago, New York und Milwaukee zugegriffen.
Kunst von People of Color ist das Modethema in den USA, in allen Preis- und Qualitätsbereichen. Das kann durchaus etwas ermüdend sein. Statt mittelmäßiger Kunst von Weißen wird jetzt halt oft qualitativ Vergleichbares mit anderen Themen von Schwarzen angeboten. Auch dieser Markt wird sich sortieren. Was allerdings auffällt: Auch das Publikum ist diverser als auf vielen anderen Messen. Insofern übertreibt der neue Bürgermeister Brandon Johnson bei seiner Eröffnungsrede wohl nicht, wenn er die Expo Chicago als wichtigen Motor bei der Entwicklung der Kultur in seiner Heimatstadt bezeichnet.
NFTs sind übrigens überhaupt kein Thema. Gezeigt wird vor allem ganz klassisch Leinwand. Für große Skulpturen und Installationen oder Videos ist die hauptsächlich von Privatsammlern getragene Messe wohl auch nicht der richtige Ort.
13 - 16.04.2023
Navy Pier
IL 60611 Chicago, 600 E Grand Ave
http://www.expochicago.com
Öffnungszeiten: Fr, Sa 11-19, So 11-18 h