Kunst-Stück: Josef Ramaseder
Offener Strich
Ein Bild als Trugbild: Was schnell an die Leinwand geworfen scheint, als spontaner Schwung, eine Geste, in der sich das Künstlersubjekt (hier: Josef Ramaseder) durch eine dynamische Aktion ergießt, ist so jungfräulich nicht. In der geschichtsträchtig aufgeladenen Technik der Wachsmalerei (Enkaustik) ausgeführt, findet kein Farbauftrag statt, sondern eine Intervention. Die wachsbeschichtete Oberfläche wird mit Lösemittel und erhitztem Gerät gebrandmarkt.
Der Theoretisierung des Strichs und des Mediums, dem Verlust traditioneller Kategorien wie Räumlichkeit und mimetischer Potenz, Stil und Autorschaft in Austausch für Meta- und Interreferentialität steht dabei gleichzeitig die Wiederkehr einer gewissen Freude am Material, am Loslassen, gegenüber. Das Denken wird erst gedacht und dann umarmt. Fast komisch wirkt der ausgleichende Strich unten links, blauäugig in seiner Verpflichtung an eine Bildkomposition. Fast widerwillig eröffnen sich in den dunklen Schattierungen erneut Bild- und Binnenräume, und schreibt sich eben doch eine Persönlichkeit in das Werk ein. „Wie der Geist zum Kameele wird, und zum Löwen das Kameel, und zum Kinde zuletzt der Löwe.“¹ Ist es das? Und was war eigentlich drunter, unter der Retusche? War da was?
Abbildung: Josef Ramaseder, O.T. (BSP 5), 2013, Enkaustik auf Leinwand, 100 × 80 cm
1) Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883
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Die Ausstellung Doube Projection – Elisabeth Plank & Josef Ramaseder ist noch bis zum 21. April zu sehen in der
Galerie Ruberl
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