
Common Notions - Katharina Schilling, Miriam Stoney: Instances of trying to figure the unconscious
„Instances of trying to figure the unconscious“, notiert Miriam Stoney am 6.1.22. Und setzt sofort hinterher: “Need to stop labouring under the illusion that the unconscious has form or characteristics”. So festgehalten auf dem Öl-Acryl-Bild “Note” (2022) von Katharina Schilling. Die ersten Sätze eines Monologs, der dialogisch geführt wird, und die früheste der ausgestellten Notizen. Insofern ein Startpunkt, dann aber doch auch nicht, denn, wo beginnt ein innerer Monolog? Die lose Reihenfolge, in der ein Kopierer im Nebenzimmer den Gedankenstrom fortsetzt, spricht jedenfalls gegen eine so eindeutige Chronologie. Jedenfalls aber ein Ausgangspunkt für Katharina Schilling, die den Zettel vergrößert und auf Leinwand gebracht hat, mitsamt der abgerundeten Ecken des Moleskin-Notizbüchleins. Sie hat sich Handschrift und Duktus der anderen dafür in selbstloser Manier einverleibt, einem Medium gleich, durch das die Kunst der Anderen hindurchfließt. Jeden Zeilenübertritt hat sie mitgemacht, die fremden Gedanken nachzeichnend hat sie sie auch mitgedacht. Aus Worten, den formlosen Gedanken vom sechsten Jänner, wurden Wörter in Textform, daraus ein Textbild, Textkörper, der zwischen Letter und Leerzeichen keinen Unterschied macht. Zum Glück hat diese Transformation stattgefunden und ist nicht das Original ausgestellt.
Das Unterbewusstsein und seine Form, die es nicht hat, findet sich in allen Arbeiten doch wieder. Sei es als Erbse, die sich in die Unendlichkeit einer Spirale hin fortsetzt, oder als Suhrkamp-Ausgabe von Friederike Mayröckers „Abschiede“, das als Trompe-l’œil-Abbild vor den verwaschen-verspiegelten Hintergrund tiefen Wassers gesetzt ist. Es macht sich fest an solchen konkreten Gegenständen und durchdringt sie wie der Schimmelpilz in beider Künstlerinnen Ateliers, wirkt über Malerei und Text weiter. So, wie die Malerin Schilling als Medium fungiert hat, funktioniert die Ausstellung als Medium für die Sensibilität der Künstlerinnen gegenüber allen umgebenden Dingen. Die panpsychische Einstellung, die Orten und Objekten entgegengebracht wird, der Geschichte gegenüber und Menschen und Tieren, macht nicht Halt vor den Grenzen eines vorgestellten Ichs, sondern schwappt über. Sensibel, aber nicht sentimental, weil die Sensibilität auch sich selbst gegenüber nicht aufhört. Der Monolog wird eben dialogisch geführt, und ganz nebenbei: in meisterhafter Technik.

10.11.2022 - 26.01.2023
house of spouse
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Öffnungszeiten: nach Vereinbarung