
Samuel Fosso: Die Mehrheit ist nicht weiß
Er ist wohl einer der kommenden Superstars Afrikas im Feld der Fotografie. Neben Zahele Muholi, der südafrikanischen Künstlerin, die ebenfalls mit Verwandlungen ihrer selbst fotografisch spielt, sind die Aneignungen von Samuel Fosso stilbildend und oftmals zutiefst politisch.
Das Museum der Moderne zeigt bis zum 10. April 2023 eine Retrospektive des 1962 in in Kumba, Kamerun geboren Künstlers. Fosso lebt derzeit in Bangui, in der Zentralafrikanischen Republik und in Paris wo er auch von einer Agentur vertreten wird. Seine Arbeiten waren u.a. in der Tate Modern, im Metropolitan Museum New York und im Getty Museum in Los Angeles zu sehen. Hier am Mönchsberg zeigt der Kurator Jürgen Tabor mehrere Werkserien.
Samuel Fosso betrieb bereits mit 13 Jahren ein Fotostudio in Bangui, in dem er untertags seine Kundschaft fotografierte und abends sich selbst vor der Linse inszenierte. Fosso hantierte mit Stoffen, Hüten, Kleidern und wechselnden Hintergründen und entwickelte so die Studiofotografie in Westafrika weiter, die hier eine gewisse Tradition hat. Unter dem Titel „70`s Lifestyle“ sind Silbergelatine-Abzüge aus den Jahren von 1975 bis 1978 im Museum zu sehen. Sie offenbaren eine gewisse Sehnsucht nach und ein Ringen um (künstlerische) afrikanische Identität.
Wie unsicher ein afrikanisches Leben sein kann, und wie Fosso dies exemplarisch aufnimmt, zeigt seine Serie „Mémoire d`un ami“ aus dem Jahr 2000. Sie erinnert an seinen getöteten Freund, der Unruhen zum Opfer fiel. Fosso nimmt die Rolle des Freundes ein und fotografierte sich in einem kargen Zimmer, teils nackt, auf dem Bett kauernd in ängstlicher Zurückhaltung. Es sind wohl die intimsten Aufnahmen von Fosso in dieser Ausstellung.
Die große Form und auch die Farbfotografie verwendet Fosso in den Werkeserien „African Spirits“ von 2008 und „Emperor of Africa“ von 2013. In African Spirits porträtiert er sich in der Rolle gesellschaftlicher Größen wie Muhammad Ali, Martin Luther King, Malcom X oder Angela Davis indem er Ihren Look imitiert und sich so die politischen Inhalte der Figur quasi aneignet. Es entsteht eine Überhöhung der Protagonisten und auch hier wirkt die Aneignung identitätsbildend.
Viel aggressiver und kritischer ist die Auseinandersetzung mit der Chinesischen Staatsmacht in der Serie „Emperor of Africa“ 2013. Da schlüpft Fosso in die Rolle von Mao Tsetung, den er in verschiedenen Posen zeigt – im Kornfeld, am Schreibtisch oder auf einer Bühne - und damit Macht und wirtschaftlichen Einfluß Chinas in Afrika hinterfragt. Es sind gekonnte „Aneignungen“ einer politischen Figur deren machtvolle Autorität und bedrohliche Aura Fosso künstlerisch vermittelt.
Gegen Ende des Ausstellungsrundgangs sticht vor allem eine Arbeit von Fosso aus dem Jahr 2017 hervor. Sie stellt in einem noch größeren Ausmaß die Machtfrage: Aus der Serie „Black Pope“ ist eine Aufnahme zu sehen, in der Fosso in das weiße Gewand eines Papstes schlüpft. Die Fingerspitzen aneinander gefügt mit Kreuz und ernstem Blick in die Weite blickend, stellt sich Fosso hier dar. Nachdem es einen afroamerikanischen Präsidenten gab, stellt Fosso hier die Machtfrage, denkend an die vielen Christen in Afrika. Seine Darstellung impliziert auch die negativen Seiten der machtvollen katholischen Realität.
Erstaunlich ist, daß Fosso mit nur wenigen Mitteln und etwas Schminke überzeugende Reenactments entstehen lässt. Sie verblüffen den Betrachter in ihrer Perfektion und lösen tiefe Empfindungen aus. Es ist eine Ausstellung, die gesehen werden sollte.
22.10.2022 - 10.04.2023
Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg
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