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Adrian Buschmann - Hirn: Fläche und Körper, Körper und Geist

Als Genre ist die Malerei insofern bildend, als dass Farbe additiv der Leinwand aufgetragen wird, woraus das Bild entsteht. Im Gegensatz dazu geschieht die Werkentstehung bei klassischer Skulptur durch Subtraktion. Die Figur wird aus dem Stein herausgelöst, der Diamant geschliffen, bis er seine schönste Form erreicht. Vor den Arbeiten Adrian Buschmanns (geboren 1976 in Kattowitz, Polen) gibt es einige Gründe, daran zu denken:

Zwar setzt auch Buschmann Farbschicht über Farbschicht. Aber enthüllen sie genauso wie sie bilden – bei einem Portrait wird das Gesicht (dem Anschein nach noch) von einem weißen Anstrich überdeckt; anderen, großen Leinwänden drückt sich ihr Rückgrat, der Keilrahmen, als Doppelkreuz durch Stoff und Farbe durch.

Die Bilder entstehen aus einer Vielzahl an Ebenen, dünnen und dicken, mal trocken, mal nass aufgetragen. Sie sind flächig, linear oder schraffiert, selten mit klarer Kontur, ein Gewusel aus Mäandern, Strichen und Flecken. Von gedeckter Farbigkeit, dabei nicht stumpf, sondern bunt, mit Fetzen warmen Gelbs gehöht, mit Kreideweiß gedrückt. Die so gebaute(befreite?) Tiefe transzendiert die Ebene der Leinwand. Sie ist flüchtig: bei Bildmaßen jenseits der zwei Meter wirken die Beschränkungen des scharfen Sehens mit – und zwingen zusätzlich zur Unschärfe des Bildes eine Fokussierung auf. Das Bild braucht Bewegung (des Auges), es braucht Zeit. Eine Eigenart von Skulptur, die wenn man so will auch jeder Wandarbeit zugestanden werden sollte. Hier auf jeden Fall.

In weiteren Arbeiten sind figurative Elemente eingeführt: einige wenige bis zur Unkenntlichkeit verzerrte und verschlungene Figuren von Menschen, Requisiten und geometrische Formen. Wieder gibt es Überlagerungen und Doppelungen, viel bleibt verschwommen, oft wächst die Farbe nur schwach aus dem Grund heraus, fast ident mit diesem. Bilderfetzen sind so einerseits in die Fläche gesetzt, andererseits in amorphe Architekturen gebettet.

War bei den Abstraktionen das Auf- und Abtauchen von Gegenständen und Räumen noch auf die Visualität bezogen, bekommt es jetzt unter dem Titel der Ausstellung – „Hirn“ – eine Dimension, die aus den Arbeiten eine Theorie des Geistes macht. Der Gegensätzlichkeit des Bewusstseins: Flüchtigkeit und Beständigkeit, Oberflächlichkeit und Tiefe, Klarheit und Unklarheit ist ein Bild gegeben. Der etwas derbe Klang des Titels (im Gegensatz zu „Gehirn“) deutet aber auch eine ganz konkrete Antwort auf die Frage nach der Körperlichkeit des Geistes an: Hirn als fleischiges, amorphes Ding, schwimmend in der Suppe der Hirnflüssigkeit.

Mehr Texte von Victor Cos Ortega

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Adrian Buschmann - Hirn
01 - 30.07.2022

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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