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Elke Silvia Krystufek - Rechtsstaat Oida: Das Private ist politischer denn je

Aus einem mit Gottfried-Benn-Zitaten beschriebenen Bildhintergrund heraus springt uns ein Typ in Jeans mit Werwolf-Maske und Polizistenkapperl förmlich an, ein Bein schwungvoll nach oben geworfen, als habe er seinem Gegenüber gerade einen kräftigen Tritt ins Gesicht verpasst. In your face! Für die Kunst von Elke Silvia Krystufek gilt das auch jenseits von konkreten Hau-Drauf-Darstellungen, das Konfrontative gehört seit jeher zu ihrer künstlerischen Strategie.

„Rechtsstaat, Oida!“ titelt nun auch nicht wenig angriffig die aktuelle Schau in den Räumlichkeiten ihrer Innsbrucker Galerievertretung. Die Künstlerin selbst trifft man bei Bernd Kugler kurz nach Ausstellungsaufbau mit Niqab und verspiegelter Sonnenbrille an.

Verschleierung und die politisch instrumentalisierte Debatte darüber, Körper und Tabu, Macht und Gemächt, Überwachung, Rechtsstaat, BVT, Religion: So einiges aus dem Krystufek’schen Repertoire erfährt im Licht der unmittelbaren Gegenwart besondere Aktualität. Dass dem gesetzlich verordneten Maskengebot eigentlich ein Verhüllungsverbot entgegen steht, gerät dabei eher zur ironischen Fußnote, der Backlash in Gleichberechtigungsfragen – Stichwort Kinderbetreuung – keineswegs. Als alleinerziehende Mutter, sagt Krystufek, sei sie besonders betroffen.

Kurzum: Das Private ist politischer denn je, die dezidiert feministische Perspektive der Künstlerin auf gesellschaftliche und politische Fragen wirkt aber nicht nur deshalb auf der Höhe der Zeit. Die Schau umfasst Arbeiten aus rund dreißig Jahren, darunter Fotomontagen, Mixed-Media-Arbeiten und großformatige Malereien wie „you don't want to be one of those Picabias you say“, dazwischen hängt Krystufek aus ihrer Malpalette geschnittene Mini-Rothkos oder -Weilers, sie sind auch als ironischer Veweis auf die männlich dominierte Kunstwelt zu verstehen. Ergebnisse aus der Auseinandersetzung mit dem bis heute ungeklärten Tod des kasachischen Ex-Botschafters Rakhat Aliyev in einer Wiener Justizanstalt und aus der 2017 begonnenen Zusammenarbeit mit dem Wiener Privatdetektiv Martin Ulm betonen politischen Impact im Werk der Künstlerin, die seit jeher auch persönliche Erfahrungen in ihre Kunst einfließen lässt und ihre Konflikte mit dem Kunstbetrieb immer wieder unverblümt öffentlich macht. Aktuell adressiert sie ihre Kritik an heimische Auktionshäuser - eher ein Fall für Auskenner, vorgetragen aber immerhin mit fast schon Jandl‘scher Lust am Lautmalerischen.

Im Editorial für eine geplante Sonderausgabe des in Innsbruck herausgegebenen Magazins stayinart befasste sich die Künstlerin wiederum mit der Verstrickung eines großen deutschen Autoherstellers mit dem NS-Regime. Die Zusammenarbeit fand vorzeitig ein Ende, wohl auch, vermutet Krystufek, weil Porsche zu den Sponsoren des Hefts gehört. Der Text liegt jetzt bei Kugler zum Mitnehmen auf.
In your face!

Mehr Texte von Ivona Jelčić

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Elke Silvia Krystufek - Rechtsstaat Oida
18.11.2020 - 22.01.2021

Galerie Bernd Kugler
6020 Innsbruck, Burggraben 6 (Hörtnagelpassage)
Tel: +43 / 512 / 561 748, Fax: +43 / 512 / 561 788
Email: info@berndkugler.at
http://www.berndkugler.at/
Öffnungszeiten: Di-Fr 13.00 – 18.00 Uhr, Sa 10.00 – 12.30 Uhr


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