Manfred M. Lang,
Ein verbaler Kulturschock der besonderen Infamie
Ich weiß, ich bin schon spät dran - aber ich bin eben mit meiner Glosse erst diesen Montag dran.
Der "ungeheure Skandal" erschütterte Deutschland immerhin schon letztes Wochenende.
Diese "gnadenlose Frechheit", von den deutschen Medien ebenso gnadenlos in diversen Headlines festgemacht, ließ aber auch schon wirklich niemanden kalt. Selbst das Anchorwoman vom ZDF konnte sich kaum überwinden, die im öffentlich rechtlichen deutschen Fernsehen gefallenen Worte nachzusprechen.
Ich meine, diese waren auch wirklich nicht, absolut nicht tolerabel. Immerhin sitzen ja Kinder vor der Glotze und dann dieser Satz - ausgesprochen von einem Menschen, der durchaus als Vorbild der gesamten Nation gegolten hat. Jetzt, nach dem Satzfall kann natürlich keine Rede mehr davon sein. Immerhin lautete der Satz, der die einhellige Empörung der deutschen JournalistInnen nach sich gezogen hat - ich bitte um Nachsicht für den Nachschrieb - "Der Scheiß, der da gelabert wird". Das Erschütternde an diesem Satz war natürlich nicht nur der Satz an sich, sondern das absolut nicht zu Tolerierende war die Zielgruppe. "Der Scheiß, der da gelabert wird" galt den immer absolut objektiven und stets der Wahrheit verpflichteten Ergüssen der deutschen Presse. Der "ungeheure Angriff auf die Pressefreiheit" musste also geahndet werden.
Alles wäre halb so schlimm gewesen, wenn der Scheisssatztäter z.B. der deutsche Bundespräsident gewesen wäre. Oder Schröder. Oder auch Fischer. Von denen hätte man immerhin solch einen Satz erwarten können. Aber nein, ausgerechnet das Idol der deutschen Jugend vergisst sich und beleidigt die nachbarlichen Journalisten. Kein Wunder, dass am nächsten Tag entrüstet in der Zeitung stand "Rudi Völler völlig ausgerastet".
Ein einstiges Fußballidol und jetzt von den Medien meist unflätig als unfähig und dummdreist beschimpfter Trainer der deutschen Nationalmannschaft nimmt selbst solch ein unglaublich gemeines Wortkonglomerat gegen seine medialen Beflegler in den Mund.
Kein Wunder, dass dem Abendland schon seit längerer Zeit der Untergang prophezeit wird.
Liebe Freunde seien wir froh, dass uns Österreichern solch ein verbaler Kulturschock erspart bleibt. Gottseidank ist von einem Herbert Prohaska und Hans Krankl solche eine unverzeihliche Entgleisung niemals zu erwarten.
Mehr Texte von Manfred M. Lang