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Nüchterner Erwecker

Fast hätte man an eine Reinkarnationsperformance des seligen Steve Jobs denken können, so wie Christoph Thun-Hohenstein seine gut einstündige erste Programmpressekonferenz frei im Vortragssaal stehend, nur mit dem Mikrofon in der Hand und im dunklen Anzug mit Rollkragenpullover abspulte. Allerdings war die Stimmlage, wie beim gelernten Diplomaten üblich, weit entfernt von jeglicher marktschreierischer Attitüde. Und wo früher Peter Noever lauthals für die Freiheit der Kunst polterte, legte Thun-Hohenstein sachlich und ohne Animationen auf Leinwand seine Vorstellungen über die zukünftige Ausrichtung des MAK dar. Diese allerdings sind nichts weniger als eine fast komplette Kehrtwendung vom Kunst-zentrierten Ansatz Noevers, hin zu einem erweiterten Begriff von angewandter Kunst. In seiner Arbeitsdefinition sei Design immer verbunden mit einem konkreten Nutzen und der künstlerischen Ausgestaltung des jeweiligen Objektes. Design, Architektur und intelligente (sic!) Mode, werden so die zentralen Inhalte des Ausstellungsprogramms der kommenden Jahre bilden – und bei allem Bekenntnis zur Weiterführung der bisherigen Linie, die bildende Kunst fast gänzlich aus dem Haus verdrängen. Das muss allerdings kein Nachteil sein, wird für die Gegenwartskunst doch der nunmehr „MAK Tower“ genannte Gefechtsturm im Arenbergpark neu adaptiert und mehr Raum für Sammlungspräsentationen und Ausstellungen geschaffen. Die Noever`sche Idee vom „CAT Contemporary Art Tower“, verwirft Thun-Hohenstein allerdings gänzlich. In den beiden Ausstellungshallen in der Weiskirchnerstraße wird in den kommenden Jahren zu sehen sein, was Thun-Hohenstein unter dem Motto „positiver Wandel“ dem Design an gesellschaftlichem Veränderungspotential zutrauen will. Von „MADE4YOU. Design für den Wandel“, eine Ausstellung über neue Designkonzepte in praktisch allen Lebensbereichen, über die „MAGIE DER ZUKUNFT“, in der das aktuell laufende Projekt an Diskussionsrunden über die Zukunft des MAK in eine Ausstellung gegossen werden soll, bis hin zu einer „Europäischen Triennale für positiven Wandel“ die erstmals 2014 die Rolle von Design und Architektur in der „Change“ betitelten und positiv gedachten Entwicklung der Gesellschaft zur Diskussion stellen soll. Daneben werden in Vorbereitung auf das 2014 anstehende 150-Jahr Jubiläum des MAK auch Teile der Schausammlung aktualisiert, die Ende 2013 zur der Großausstellung JOSEF HOFFMANN / ADOLF LOOS im Bereich der Wiener Moderne abgeschlossen sein soll. Wirklich bemerkenswert ist aber nicht das eigentliche Programm, sondern die völlige Neudefinition der Rolle des MAK in der Gesellschaft. Hatte Noever das Potential des gesellschaftlichen Wandels praktisch ausschließlich über die radikale Widerständigkeit der Kunst definiert, setzt Thun-Hohenstein dem eine nutzenorientierte, und dem Prozess verpflichtete Idee entgegen, die auf dem subtilen Eingriff in Nutzungs- und Handlungsmuster aus den Dingen heraus basiert. „Change“ auf allen Ebenen und im besten Fall eine Unterstützung zur Entwicklung der heimischen Designszene, wie sie das MAK in den letzten Jahrzehnten für die bildende Kunst geleistet hat.
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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