Matt Mullican - After the Fever: Zeitgenössische Weltkunst hinterm Holzstapel
Wenn sich internationale Künstler wie Peter Kogler, Thomas Bayrle oder Markus Geiger auf Pilgerfahrt ins heilige Land Tirol begeben, kann das nur eines bedeuten: In dem kahlen weißen Raum im Industriegebiet von Innsbruck ist wieder zeitgenössische Weltkunst zu sehen. Hinter Stapeln von Holzbrettern, umgeben vom Geruch frischer Holzspäne, direkt neben einem Sägewerk befindet sich der Kunstraum Johann Widauer, seit 1998 eine Oase für eingeweihte Kunstliebhaber, die der Kunstsammler, - händler und -fanatiker Widauer mitten ins kleinstädtische Umfeld gepflanzt hat. "Ich wollte genau hier ausstellen", meint Matt Mullican, der persönlich aus New York angereist ist, um seine neueste Arbeit zu präsentieren, die er extra für diesen versteckten Kulturplatz geschaffen hat. "After the Fever" heißt die raumfüllende Installation aus Holztischen, auf denen unter anderem totemartige Aluminiumfiguren in Embryo-Haltung und Glaskugeln mit schwarz aufgemalten Zielmarkierungen liegen, Mullican nennt sie "Dämonen" und "Engel". Sechs Wochen zuvor ist der Kunststar hier gewesen, hat sich mit einer Infektion am Bein herumgeschlagen und "Nach dem Fieber" auf kleinen Blättern das Konzept zu dieser revolutionär neuen Arbeit aufgezeichnet, die er selbst als eine seiner wichtigsten bezeichnet. Die Idee dazu stammt aus den frühen Siebzigerjahren, als Mullican seine ersten "Kosmologien" schuf und sich in hypnotischen Performances ausmalte, wie er durch seinen eigenen Schlund in die Hölle hinabspringen würde. Damals entwarf er ein System, in dem Himmel und Hölle nicht Gut und Böse, sondern Geist und Materialität sind. Erst jetzt hat er daraus greifbare Realität gemacht. Mit den bunten Stofffahnen voller universell (miss)verständlicher Symbole, die Mullican weltweit berühmt gemacht haben, hat dieses handfeste Raumkonzept, das sich über einer Art Plan des Kosmos aus schwarzem Klebeband am Boden erhebt, nur scheinbar wenig zu tun. Es ist die materielle Ausformung der Mullicanschen Weltordnung. Da dampft der Höllenmagen, eine mit Wasser gefüllte Form, auf der Kochplatte still vor sich hin und verschlingt der Aluminium-Dämon eine gläserne Seele, während er "Materie" ausscheidet, verkohltes Holz, Kohlenstoff.
30.04 - 30.06.2002
Kunstraum Johann Widauer
6020 Innsbruck, Trientlgasse 18c
Tel: +43 664 433 05 50
Öffnungszeiten: nur nach Voranmeldung