Isabella Marboe,
Rumänien - Momente der Architektur. Vom 19. Jahrhundert bis heute: Weites Land
Zwischen Rumänien und architekturinteressierten Zeitgenossen klafft eine Wissenslücke, die man jetzt leicht im Wiener Ringturm füllen kann. Denn das weite Land zwischen Orient und Okzident hat eine strömungsreiche Bautradition und eine vitale junge Szene, die das Kuratorenteam Luminita und Ana-Maria Machedon, Stephan Ghenciulescu und Adolph Stiller zur informativen Überblicksschau komprimierte.
Altösterreichische Relikte pflastern den Weg zur Moderne. Die Kathedrale von Temeschwar plante Joseph Emmanuel Fischer von Erlach. Fellner & Helmer bereicherten Temeschwar, Klausenburg und Iaşi um schmucke Nationaltheater, kurz darauf trieben Klassizismus, Romantik und Eklektizismus üppige Stilblüten. Im Jugendstil kanalisierte sich Nationalbewusstsein in Anleihen an byzantinische Sakralbauten.
Zur Hochform läuft die Architektur im Formenrepertoire der Moderne auf. Der Züricher Dadaist Marcel Iancu plante etwa 40 Bauten, darunter die Villa für Solly Gold. Innovativ brechen schräge Wände, über Eck geführte Terrassen, spitze Erker und ein Doppelturm am Dach den strengen Quader. In der Industriearchitektur setzte Horia Creanga Maßstäbe, wie ein riesiger, weißer Ozeandampfer geht das Hotel "Ballona" (G.M. Cantacuzino) an der Schwarzmeerküste vor Anker, in weitläufiger Eleganz legt sich das Sanatorium "Bucegi" (Marcel Iancu) über die Karpaten: die Zimmer zur Terrasse sind sonnenwärts schräggestellt.
Vom schönen, überkuppelten Pavillon (Ascanio Damian, Mircea Enesku) steigerte sich das Bauen im Realen Sozialismus zu immer größerer Gigantomie, die in Ceauşescus "Haus des Volkes" kulminierte. Dem 5 km langen Monumentalpalast fielen zwei Fünftel der Altstadt zum Opfer.
Nach so viel Zwang frönt man nun dem Individualismus und kostet die neue Freiheit aus. Kleine Budgets und viele Ideen führen zu klugen oder frechen Bauten. Regionale Bruchsteine und Holzdach auf einer filigranen Stahlkonstruktion machten aus einem Stadel in Temeschwar einen sozialen Wohnbau (Camelia Covaci, Mihail Zegrea, Şerban und Doina Sturdza). Eine Spotleiste, puristische Regale, gelbe Tresen und Typografie am Boden genügten, um den Buchladen "Humanitas" (Johannes Bertleff, George Bălan) zu stylen. Und wem der in Rot und Lila lichtinszenierte Klub Embryo (Adrian Cancer, Robert Marin) mit seinen wabenförmigen Raummöbeln, weißen Sitzschalen und dem gewagten Wanddekor nicht Lust auf einen Drink in Bukarest macht, dem ist ohnehin nicht zu helfen.
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Rumänien - Momente der Architektur. Vom 19. Jahrhundert bis heute
15.05 - 22.06.2007
Architektur im Ringturm
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