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Douglas Gordon: Der Mensch in der Achterschleife

Langsam dreht sich ein Mensch in einer Achterschleife, verfolgt von seinem Schatten, der Projektion des eigenen Spiegelbildes. Ein Video, das einen fast in Trance versetzen könnte, eine zeitverzögerte Überblendung, auf eine riesige Leinwand geworfen, bildet den Abschluss der sinnlichen Reise durch das Kunsthaus Bregenz. Zeitverschiebungen sind das Markenzeichen von Douglas Gordon, der mit \"24 Hour Psycho\", einer auf 24 Stunden ausgedehnten Fassung von Hitchcocks Kultthriller, bekannt wurde und seit dem \"Turner Prize\" 1996 zu den Stars der britischen Kunstszene gehört. Für Bregenz hat er keinen Film, sondern ein Buch als Ausgangspunkt genommen, \"Die privaten Memoiren und Bekenntnisse eines gerechtfertigten Sünders\" des schottischen Autors James Hogg (1770-1835), das er auf drei ganz unterschiedliche Arten interpretiert und dabei unmerklich in die Rolle des schaurigen Titelhelden schlüpft. Eine dröhnende Druckerpresse in Aktion, selbst bewegte Skulptur, vervielfältigt den vom Künstler zuvor handgeschriebenen Text der Sünder-Bekenntnisse \"mit einer Geschwindigkeit irgendwo zwischen Industrie und Mühsal\", wie Douglas Gordon es beschreibt. Dabei entsteht zugleich ein Teil des Ausstellungskataloges. Das Museum wird zur Produktionsstätte aktueller Kunst, ganz im Sinne von Direktor Eckhard Schneider, der den Weg zur Internationalisierung von Bregenz, den zuvor Edelbert Köb beschritten hat, konsequent fortsetzt. Im zweiten Stock gelangt man in ein Labyrinth, ein mit schwarzem Stoff ausgekleidetes Pentagramm. Die Sinne spielen verrückt. Im Hintergrund erklingt der Text, der eben noch Druckvorlage war, als Klanginstallation, allerdings nicht aus dem Mund des Künstlers, sondern von Michael Köhlmeier, der die deutsche Version des Sünders spricht. Das englische Original wird dem Verständnis geopfert, die räumliche Orientierung dem Zwang zum Zuhören. Und dann, einige Stufen weiter, Stille und ein Mensch, der sich langsam, aber stetig um sich selbst dreht, in einer Achterschleife.
Mehr Texte von Julia Wallnöfer

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Douglas Gordon
19.01 - 01.04.2002

Kunsthaus Bregenz
6900 Bregenz, Karl Tizian Platz
Tel: +43 5574 48 594-0, Fax: +43 5574 48 594-8
Email: kub@kunsthaus-bregenz.at
http://www.kunsthaus-bregenz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


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