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25 Millionen zum Jubiläum

Vor dreißig Jahren fanden sich vier Kunsthändler, ein Rechtsanwalt und ein Auktionator zusammen, um das damals recht verschlafene Wiener Auktions-Business zu reformieren. Herbert Giese, Harald Schweiger, Kristian Scheed, Michael Kovacek und Ernst Rechtsanwalt Ploil gründeten „Die Wiener Kunstauktionen Ges.m.b.H.“ Als Auktionator und geschäftsführender Gesellschafter komplettierte der aus dem Dorotheum ausgeschiedene Otto Hans Ressler das Team. Die ersten beiden Auktionen fanden am 2. Und dritten Dezember 1993 am damaligen Firmensitz in Kärntnerringhof statt. Das mittlerweile im Palais Kinsky an der Freyung residierende und in „Auktionshaus im Kinsky GmbH“ umbenannte Unternehmen feiert sein Jubiläum vom 27. bis 30. November mit insgesamt neun Auktionen in acht Sparten. Auf etwas über 25 Millionen summieren sich dabei die oberen Schätzwerte aller Auktionslose. Wie sehr sich der Auktionsmarkt in den letzten 30 Jahren verändert hat, lässt sich dabei gut daran ablesen, dass alleine bei der Abendauktion mit moderner und zeitgenössischer Kunst am 27. November eine Summe von 10,7 Millionen der oberen Schätzwerte zusammenkommt – und das bei der von allen Auktionen geringsten Anzahl an angebotenen Werken.

 

Das Toplos der Auktion ist Maria Lassnigs „Zornbild - Süsse Wiener Herzerln“ von 1984 das mit einem Schätzwert von 500.00 bis 1.000.000 zum Aufruf kommt. Mit einer Größe von 204,5x134,5 cm ist es deutlich kleiner als das bisher teuerste Werk der österreichischen Künstlerin, das 306x209 cm messende Ölbild „Wilde Tiere sind gefährdet“, das 2021 im Dorotheum 1.367.800,- Euro (inkl Aufgeld) erzielte. Angesichts der wenigen Werke Lassnigs die aktuell auf dem Markt sind, ist die Million als mögliches Ergebnis aber nicht unrealistisch. Günstiger geschätzt ist das 120x100 cm messende Ölbild „Gefallenes Mädchen“, das zweite Werk von Lassnig in dieser Auktion.
Eine Besonderheit stellt auch Carl Molls „Garten im Frühling auf der Hohen Warte“ dar. Das im Jahr 1903 entstandene Gemälde geht mit einem Schätzpreis von 250.000 bis 500.000,- € ins Rennen. Der 1861 in Wien geborene und ebenda 1945 verstorbene Künstler leitete von 1904 bis 1912 die Galerie Miethke und machte sie zu einem Zentrum der Wiener Moderne. In die Schlagzeilen kam 2020 sein Bild „Weißes Interieur“, das Berta Zuckerkandl in ihrem von Josef Hoffmann gestalteten Salon zeigt. Um 4,756 Millionen US-Dollar wurde das Werk vom Auktionshaus Freeman´s Auction in Philadelphia damals versteigert. Leider mutierte Moll in den 1930er Jahren zum glühenden Nationalsozialisten und nahm sich 1945, nach der Eroberung Wiens durch die Rote Armee das Leben.

Hohe Bewertungen finden sich in dieser Auktion auch bei Werken von Franz West (o.T., 200.000-350.000 €), der „Passion“ von Arnulf Rainer (1957, 150.000-300.000 €) oder einer 212x184 messenden Arbeit in Öl auf Karton von Martha Jungwirth (1986, 120.000 – 240.000 €).

Am selben Tag kommen davor knapp über 100 Werke der Klassischen Moderne zum Aufruf. Vier Werke davon sollten wenigstens die 100.000-Euro-Grenze überschreiten, darunter eine Zeichnung Gustav Klimts aus dem Jahr 1908/09 (37 x 56 cm, 70.000 – 140.000€). Unvermeidbar kommen auch Werke von Alfons Walde unter den Hammer, neben einer erwartbaren Kirchstiege (1920, € 35.000 - 70.000 €) gibt es da eine freizügige „Erotische Szene mit Badenden“ aus dem Jahr 1937 zu 18.000 bis 36.000 Euro.

 

Weiter geht es danach mit 173 Werken Zeitgenössischer Kunst von den frühen 1960er Jahren (Otto Muehl, Material Bild, 25.000 - 50.000 €) bis zu aktuellen Produktionen, etwa Wolfgang Holleghas „Komposition“ aus dem Jahr 2023 mit einem Schätzpreis von 7.000 bis 12.000 Euro. Es ist vorwiegend Kunst österreichischer Künstler:innen, die hier ausgerufen wird. Ausnahmen bilden z.B. eine Mischtechnik von Jonathan Meese (40 x 30 cm, 5.000 - 10.000 €), oder eine unbetitelte Papierarbeit von Sam Francis zu € 18.000 - 36.000,-. Und vor allem das Toplos dieser Auktion, ein 117 x 109 cm messendes Ölbild des Südtirolers Rudolf Stingel das auf 70.000 - 140.000 € geschätzt ist.

Am zweiten Tag der Jubiläumsauktionen sind dann die Alten Meister und Gemälde des 19. Jahrhunderts dran. Vor 305 Jahren wurde Martin Johann Schmidt geboren, der als Kremser Schmidt in die Kunstgeschichte einging. Insgesamt 19 seiner Werke hält die Jubiläumsauktion bei den Alten Meistern parat, darunter das „letzte Abendmahl“ aus dem Jahr 1768 um 50.000 bis 100.000 €. Künstlerinnen sucht man in dieser Auktion übrigens vergebens. Unter den Gemälden aus dem 19. Jahrhundert sind aber wenigstens Platz drei und vier unter den höchsten Schätzpreisen an Malerinnen vergeben. Von Tina Blau stammt ein frühlingshafter Blumenstrauß, der wie zum Binden vorbereitet und noch ungeordnet auf einem Tisch ausgebreitet ist (100.000 – 200.000 €), 1887 als „Blumen mit Vogelnest“ für eine Ausstellung im Künstlerhaus Wien eingeliefert, wird Olga Wiesiner-Florians auf Holz gemaltes Ölbild nun unter dem Titel „Stillleben mit Flieder und Stieglitz“ und mit einem Schätzpreis von 70.000 – 140.000 Euro versehen am 28. November versteigert. Zwei Mal das selbe Motiv des Genre- und Portraitmalers Hans Temple findet sich ebenfalls in der Auktion er hat die „Alt Wiener Hochzeit“ zuerst in Öl auf Leinwand skizziert und dann in ungefähr doppelter Größe im Detail ausgeführt.

Am 29. November stehen dann ab 14 Uhr Antiquitäten, gefolgt von Juwelen und Uhren auf dem Programm. Das teuerste Stück der Auktion gibt es unter der Losnummer 2573 zu ersteigern. Ein Smaragd mit 37,12 ct, begleitet von zwei Diamanten mit 4,5 ct und 66 kleinen Diamanten wartet zu einem Schätzpreis von 400.000 bis 800.000 Euro auf eine neue Besitzerin. Beim Jugendstil und Design am 30. November bilden zwei Lampen, die Spitze der 83 Lose. Dagobert Peches 1921 für die Wiener Werkstätte entworfener Luster soll zwischen 220.000 und 400.000 Euro bringen, Josef Hoffmanns Tischlampe geht mit einer Taxe von 50.000 bis 80.000 an den Start.

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