Martha Rosler & Hito Steyerl - War Games: Engagement analog & digital
Das Kunstmuseum Basel |Gegenwart präsentiert unter dem Titel „War Games“ Werke von Martha Rosler aus Brooklyn und Hito Steyerl aus Berlin. Beide kannten sich zuvor nicht persönlich, beobachteten jedoch beide das Œuvre der anderen. Der Kurator Søren Grammel hat sie zu dieser Zweierpräsentation eingeladen, da er so manche Gemeinsamkeiten entdeckt hat: Thematisiert werden Verbindungen von Politik und Massenmedien sowie die Diskrepanz zwischen Realität und ihrer Wahrnehmung, sowie ihre audiovisuelle Vermittlung. Hinzu kommt ein ausgeprägtes Interesse an Kapitalismus, Krieg und Genderthematiken. Spannend ist zu erleben, wie diese Themen nun schon 40 Jahre virulent sind und mit den Zeitströmungen und möglichen Medien variiert werden. Martha Rosler gehört zu den Ikonen des Feminismus und ist seit den 60er Jahren eine Wegbereiterin. Hito Steyerl beginnt ihr Werk im Zuge der Institutionskritik der 90er Jahre. Beide prangern mutig Macht- und Herrschaftsverhältnisse an.
Als wichtiges ästhetisches Mittel erweist sich die Collage. „House Beautiful: Bringing the War Home“ ist eine Serie von Martha Rossler, die sie 1967 als Reaktion auf den Vietnamkrieg begonnen hat. Kriegsszenerien werden mit Idealbildern von „Schöner Wohnen“-Magazinen kombiniert. Die unterschiedlichen Welten, jene die Krieg führen und jene, die weg schauen, werden auf einer Bildebene zusammengeführt, um deutlich zu machen, dass im Zeitalter der Globalisierung Kriegsschauplätze auch woanders ihren Einfluss haben. Die Collage erweist sich als eine durchgehende Methode, egal ob es sich um „Cut outs“ aus Magazinen oder Zeitungen als Bildquellen handelt, Fundstücken von Texten, Zitaten von Philosophen, Bilder aus dem Internet oder eigenes recherchiertes Material, wie Interviews, Vorträge oder Fotoserien. Beide Künstlerinnen beziehen sich auf Ästhetiken und Bildpolitiken von Alltagsmedien, sei es Fernsehen, Internet, Computerspiele, Social Media oder Drohnenaufzeichnungen. Durch diesen Bezug können die Werke der Künstlerinnen – und das sind C-Prints, Videos, Videoinstallationen, aber auch bedruckte PVC-Folien, Inkjet-Prints, Objekte – ihrer Entstehungszeit zugeordnet werden. Die Art und Weise ihrer Collage-Technik ändert sich mit dem Wechsel vom analogen zum digitalen Zeitalter.
Die Platzierung der Exponate wurde zusammen mit dem Kurator entwickelt. Gebildet wird ein räumliches Kontinuum. Manchmal integriert die installative Präsentation der einen Künstlerin, Werke der anderen. „We think as friends“, sagt Martha Rossler gegenüber dem artmagazine. Sie sind einander Wesensverwandt. Und obwohl unterschiedlichen Generationen zugehörig, ist aufgrund derselben Mediennutzung und ähnlicher Interessen ihre Handschrift einander sehr nah. Die ältere Künstlerin erweist sich ebenso als „jung“, indem sie sich aktuell der Drohnen-Überwachung widmet.
Leider hätten beide keine Zeit gehabt, neue Arbeiten gar gemeinsam zu entwickeln und vielleicht noch in Bezug zum Standort. Das wäre dann eine eigentliche Herausforderung gewesen, für die Künstlerinnen wie für die Menschen in Basel. Da erweisen sich kleinere Institutionen, wie z.B. die Kunsthalle Palazzo im nahegelegenen Liestal, wo die Autorin zwei Künstlerinnen unterschiedlicher Generation 2010 kombiniert hatte und neue Werke und gar Werkphasen dadurch entstanden sind, als risikofreudiger, konkreter und politischer.
So interessant der umfangreiche Überblick zu beiden Künstlerinnen kunsthistorisch ist, erfahren die sozialkritischen Exponate durch das Museum letztendlich eine Historisierung und damit Distanzierung. Dort, wo sie spezifisch aufzeigen, ist ein Nachvollzug eher leichter. Dort, wo globale Felder eröffnet werden, erscheint eine Aussage spekulativ. Kunst, welche die Gesellschaft verändern möchte, hat es schon immer schwer: sie wird wie keine andere Strömung konfrontiert mit Fragen nach Political Correctness und gesellschaftlicher Relevanz. Die Argumentation kann fachlich hinterfragt, die Präsentationsweise auf ästhetischer Ebene kritisiert werden. Stärke und Schwäche liegen nah beieinander. Manche mögen kritische Kunst als Illustration, manche als Visionär betrachten. Martha Rosler und Hito Steyerl überzeugen mit ihrem Engagement, über das wir dankbar sein können, so lange es gesellschaftspolitische Konfliktherde gibt.
05.05 - 02.12.2018
Kunstmuseum Basel | Gegenwart
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