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Andreas Fogarasi - Plan: Das Private im Öffentlichen

Der Raum zwischen der Architektur ist es, der Andreas Fogarasi interessiert. Oder das, was die Architektur nicht sagt. Architektur umschließt nicht nur Raum, sondern definiert auch den Raum, in dem sie steht, und der ist häufig öffentlich. Öffentlicher Raum ist das aber nicht per se, das Verhältnis zwischen allgemeinen, staatlichen, privaten und kommerziellen Interessen ist Verhandlungssache. Dieses Spannungsverhältnis versucht Fogarasi in seinen skulpturalen, installativen, zeichnerischen und multimedialen Arbeiten auszuloten.

Citymarketing kann Bratislava. Die Hauptstadt der Slowakei verkauft sich erfolgreich als Drehscheibe zwischen Ost und West. Die Region hat mit das höchste BIP der gesamten EU. Shopping-Center, Flaniermeilen und hypermoderne Büroviertel sprechen die Sprache des globalen Spätkapitalismus. Die Altstadt ist pittoresk und bei Paaren wie Trinktouristen gleichermaßen beliebt. Von der anderen Seite der Donau grüßt hingegen grimmig der vom Sozialismus geerbte Stadtteil Petržalka, in dem gut ein Drittel der rund 420.000 Einwohner leben. Hier leben Menschen, deren Teilhabe an der Neuerfindung Bratislavas sich nicht weit über die schöne Aussicht auf das Stadtzentrum erstreckt. Die zumeist ruinösen Plattenbauten vermitteln schon von Ferne das Überschreiten ihrer Mindesthaltbarkeitsdaten und präsentieren sich ideologisch und optisch als eine Art ephemere Architektur.

Die Städtische Galerie Bratislava ist daher ein idealer Ort für die Präsentation von Fogarasis „Plan“. Die Stadt hat sich hübsch gemacht fürs internationale Business und für Touristen. Dazu gehört eine Imagekampagne genauso wie ein Logo und ein Slogan, häufig in Kombination. Jedes europäische Land hat so etwas, auch die Slowakei. Fogarasi hat in „Europa“ (2016) diese Wortbilder gesammelt, sie ihrer Farben entkleidet und sie in der Größe angeglichen. In einer Endlosschleife wechseln sie sich auf einem skulptural im Raum aufgespannten Monitor ab. Unterscheidbar sind sie oft nur in ihrer albernen Gewolltheit.

In die Potemkinschen Dörfer zeitgenössischer Architektur führt die beliebig erweiterbare Installation „Detroit International Auto Show“ aus dem Jahr 2012, die auf der spiegelnden Schauseite in Fotografien die Demontage der Glitzerwelt einer Automesse zeigt und auf der Rückseite rohe Sperrholzkulisse eben dieser temporären Scheinwelt. Die relativ eng gestellten Stellagen lassen den Besucher durch seine Bewegung zum Teil dieses Vexierspiels werden.

Für die Beschäftigung mit Bratislava selbst hat sich Fogarasi Unterstützung von Peter Bartoš geholt. Der 1938 in Prag geborene Bartoš hat fast sein gesamtes Leben in der slowakischen Hauptstadt verbracht. Gemeinsam thematisieren sie die Komplizenschaft von Politik und Immobilienwirtschaft, die sich die den Hügel unterhalb der historischen Burg zur Beute machen. Ob die politisch Verantwortlichen wissen, was für ein Kuckucksei in ihrer Städtischen Galerie ausgebrütet wird?

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Andreas Fogarasi - Plan
04.04 - 04.06.2017

Galerie der Stadt Bratislava (Galéria mesta Bratislavy)
81101 Bratislava, Pálffyho Palác, Panská 261/19
Tel: +421-2-54 43 36 27
http://gmb.bratislava.sk/
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10.00 bis 18.00 Uhr


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