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Daniel Knorr - Höhen der Tiefen – Depression Elevations: Vom Pflaster an die Wand

„Im Asphalt, über den er hingeht, wecken seine Schritte eine erstaunliche Resonanz. Das Gaslicht, das auf das Pflaster herunterscheint, wirft ein zweideutiges Licht über diesen doppelten Boden. Die Stadt als mnemotechnischer Behelf des einsam Spazierenden, ruft mehr herauf als dessen Kindheit und Jugend, mehr als ihre eigene Geschichte“. Die Zeilen Walter Benjamins gelten Franz Hessel, jenem Paradebeispiel eines hauptstädtischen Flaneurs, der sich in seinem “Spazieren durch Berlin“ , erschienen 1927, auf die Spurensuche begibt. Spuren, die das urbane Leben so mit sich bringt. Man könnte in diesem Sinne Daniel Knorr, geboren in Bukarest, ausgebildet in München und nun in Berlin lebend, als modernen Flaneur bezeichnen. Man erinnert sich bei Knorr womöglich an den Rumänischen Beitrag 2005 in Venedig, wo für der Arbeit „European Influenza“ der Notausgang des Pavillons zu den Gassen außerhalb der Giardini für das unkontrollierte Kommen und Verlassen des Territoriums offengehalten wurde. Ebenso kommt einem die funktionierende Raucherzelle inmitten eines Museumssaales der Kunsthalle Bremen in den Sinn, mit dem der Künstler 2012 den Kunstpreis Böttcherstrasse gewonnen hat. Auch die aus Stahlwolle gefertigte Arbeit „Explosion“, die im selben Jahr vor der Wiener Kunsthalle am Karlsplatz im öffentlichen Raum Aufstellung fand, wirkt durchaus nachhaltig. Nun darf man mit Spannung auf seinen diesjährigen documenta-Beitrag blicken. Knorr verschiebt für seine konzeptionellen Arbeiten subtil wie hintergründig Bedeutungen, vielfach in urbanen Situationen, doch Flaneur? Nun hat man es als Konzeptkünstler nicht eben einfach ein Werk zu kreieren, das nebst Diskursträchtigkeit des Betriebes auch den Markt bedient. Und eben hier wird der Künstler zum Flaneur, zum „großen Schwellenkundigen“, wie es Benjamin formuliert, der die geringeren Übergänge kennt, in diesem Falle Oberflächen abtastet. Knorr sucht nach den Spuren des urbanen Lebens, Rillen wie Schlaglöchern, die sich durch die Nutzung der Straßenoberfläche ergeben, Vertiefungen, die sich durch Absenkungen des Untergrundes bilden, ebenso Unebenheiten und Strukturen, die, einer Funktion willen, industriell geformt wurden. Jene Negativformen füllen sich bei entsprechender Witterung mit Wasser zu Pfützen, Knorr allerding gießt diesen innerhalb einer performanceartige Handlung mit einem speziellen Kunststoff aus, legt dabei bisweilen mehrere Farben an. Knallig bunt ist das Ergebnis, das als Objekt, subsumiert unter dem Titel „Depression Elevations“, nun vor den Wänden hängt. Die glatte Oberfläche wird zur Schauseite, die strukturierte Oberfläche erstreckt sich zur Mauer hin und definiert den Abstand zwischen den beiden Ebenen, Titel wie „Feldherrenhalle on fire“ geben mitunter Aufschluss über die Örtlichkeit der Fundstelle. Den Flaneur zeichnet für gewöhnlich aus, dass er durch sein Tun als Konsument weniger in Frage kommt, Knorr als Flaneur hingegen schafft durch sein Tun etwas für die Konsumwelt.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Daniel Knorr - Höhen der Tiefen – Depression Elevations
14.01 - 04.03.2017

Meyer Riegger
76137 Karlsruhe, Klauprechtstraße 22
Tel: +49 721 821292, Fax: +49 721 9822141
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