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Ian Hamilton Finlay: Nachdenken über Liberty – Equality – Fraternity

Die Galerie Hubert Winter zeigt bis Ende März Arbeiten des schottischen Ausnahmekünstlers Ian Hamilton Finlay. Finlay, 1925 auf den Bahamas geboren, verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Schottland wo er einen Garten mit Steinskulpturen anlegte: „Little Sparta“. Er gründete 1961 den bis heute bestehenden Verlag „Wild Hawthorn Press“ und setze sich sein Leben lang mit Konkreter Poesie auseinander. Unter anderem korrespondierte er auch mit Ernst Jandl über literarische Fragen. In den 60ern wurde Finlay zum renommiertesten Dichter Großbritanniens. Ein weiteres großes Thema seines Lebens war die französische Revolution und die Pervertierung ihrer Werte. Hubert Winter zeigt nun hier Exponate zu der frühen Französischen Revolution bis 1794 und den darauf folgenden Schreckensjahre. Aus der Ausstellung sei die Lithografie „Bicentary Tricolour“ von Finlay und seinem Mitarbeiter Gary Hincks aus dem Jahr 1989 herausgegriffen, die eine erschreckend aktuelle Gültigkeit aufweist. Auf der französischen Flagge sind die Schlagworte der Französischen Revolution mit „Liberty“, Equality und Fraternity zu sehen. Unter der Parole Liberty ist „For Some“ zu lesen, unter Equaltiy „For Some“ und unter Fraternity „With Some“. Das heißt, Finlay nimmt eine sarkastische Einschränkung der quasi „heilbringenden“ Parole vor. Wenn man über die Wortkombination „Liberty for Some“ heute nachdenkt, fallen einem als Erstes die geschundenen Menschen im Nahen Osten ein. Ein Flüchtling hat dort nicht immer die Freiheit sich zur Flucht zu entscheiden. Vielmehr bleibt ihm angesichts der katastrophalen Lage im Kriegsgebiet nichts anderes übrig. Weiters hat er oftmals nicht die Freiheit zu wählen wohin er flieht. Dieses elementare Menschenrecht sich dort aufhalten zu können wo wir wollen, ist für uns Mitteleuropäer selbstverständlich. Nicht im Sommer die Grenzen wechseln zu können weil man kein gültiges Reisedokument besitzt und als Flüchtling auf einen Asylbescheid warten muss, passiert in unserer unmittelbaren Umgebung. Die Freiheit den Ort seines Aufenthalts zu wählen ist somit nur Einigen, auch in Europa, vorbehalten. Denkt man über die zweiten Wortkombination von Finlay nach – Equality for Some – so stellt sich die Frage: Wo sind die Menschen überhaupt noch gleich. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Aber in der momentanen Diskussion der ÖVP über die Höhe der auszuzahlenden Familienbeihilfe an ausländische Arbeitnehmer sind die Österreicher „gleicher“. Warum soll ein Mann oder eine Frau, die wie Österreicher auch ihre Arbeitsleistung für österreichische Unternehmen erbringen, geringere monetäre und familiäre Unterstützung bekommen? Nur weil Kinder im Ausland leben? Das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz der Europäischen Union und ist ungerecht und unethisch. Ian Hamilton Finlay hätte seine „Freude“ daran. Das letzte Wortpaar – Fraternity with Some – ist wohl das heikelste Wortpaar. Mit wem trauen wir uns so nah einzulassen, dass eine Brüderlichkeit möglich ist? Im Christentum wird diese Brüderlichkeit mit dem Nächsten und auch mit den Schwächsten gefordert. Die Sozialistische Internationale und die sozialdemokratische Bewegung hat dies auch über ein ganzes Jahrhundert ihren Anhängern gepredigt. Aber wie schon vor längerer Zeit Barbara Coudenhove-Kalergi in Ihrer Standard-Kolumne schrieb, ging es den Genossen früher darum gemeinschaftlich gegen das ausbeutende Kapital zu kämpfen. Nun scheint die Kampflinie entlang der Ethnien zu liegen. „Bicentary Tricolour“, entstanden zum 200. Jahrestag der Französischen Revolution, zeigt exemplarisch dass gute Kunst, wie Hubert Winter Sie mit den Arbeiten von Ian Hamilton Finlay präsentiert, immer zum Nachdenken anregt.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Ian Hamilton Finlay
24.02 - 25.03.2017

Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h


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