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G.R.A.M. - Der Coup der tadellosen Männer : Inszenierungen der brüchigen Macht

Die Künstler Günther Holler-Schuster und Martin Behr haben das Reenactment zur perfektionierten Kunstform erhoben und zeigen uns in der Galerie Christine König ihre jüngsten Sujets. Es handelt sich dabei um nachgestellte Pressefotos die auf Zeitungspapier gedruckt sind. Über ein Artists in Residence-Stipendium verbrachten Holler-Schuster und Behr den Sommer teilweise in der Türkei. In Istanbul erlebten Sie hautnah den Putschversuch gegen die Regierung Erdogan Mitte Juli. Im Lichte dieser Erfahrung ist auch ihre titelgebende Arbeit der Ausstellung zu verstehen: „Der Coup der tadellosen Männer“. Holler-Schuster und Behr stehen dabei gemeinsam mit anderen Männern in Freizeitkleidung eine Treppe hinauf. Sie stellen damit ein Foto der verhafteten türkischen Militärs nach, das einen Tag nach dem Putsch veröffentlicht wurde. Man sieht an den Gesichtern Spuren von Verletzungen, die von Misshandlungen herrühren. Bei Christine König ist eine Fülle solcher männlicher reenactments zu sehen. Unter anderem werden einsame Männer mit Regenschirm in einer parkähnlichen Anlage am Rande eines Parteitages gezeigt, oder eine Nachahmung einer häuslichen Situation der Familie Obama am Couchtisch vor dem Fernseher arrangiert. Frauen kommen in den Inszenierungen von G.R.A.M. kaum vor. Sie werden zwar wie Michelle Obama reinszeniert, aber männlich nachgespielt. Einzig auf einem orientalischen Teppich mit Szenen von militärischem und polizeilichem Aufgebot nach dem Türkei-Putsch ist eine Frau zu sehen. Sie posiert lachend vor den schwer bewaffneten Patrouillen. Besonders in dieser Arbeit gelingt es G.R.A-M. eine alltägliche und fast friedliche Episode vor der eigentlichen Gewaltsituation zu vermitteln. Die Ambivalenz des stillen Moments, der jederzeit kippen kann, kommt in dieser Teppicharbeit sehr plastisch zum Ausdruck. Ansonsten ermüdet der Blick angesichts die Fülle der reinszenierten und posierten Sujets etwas. Die Themen sind oftmals aus dem Zusammenhang gerissen, zwar mit originalen Bildunterschriften der Zeitungen versehen, aber nicht immer eindeutig zuordenbar. G.R.A.M legen mit ihrer künstlerischen Strategie aber oftmals die Brüchigkeit und auch die Lächerlichkeit der Macht offen. Indem G.R.A.M nun ihre reenactments weitgehend auf Zeitungspapier drucken, kommen diese Bilder an ihren Ursprung – den Printjournalismus – näher heran. Zuletzt sei noch auf die fotografische Folge: “Bester Küsser der EU: Kommissionspräsident Juncker, 2016“ verwiesen. Darin küssen sich Holler-Schuster und Behr wechselseitig aufs Haupt und die Form des fotografischen Strips erinnert an die Ästhetik des Automatenfotos in schwarz-weiß. Ein äußerst gelungenes reenactment des manchmal distanzlosen Kommissionspräsidenten.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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G.R.A.M. - Der Coup der tadellosen Männer
16.11 - 23.12.2016

Christine König Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1a
Tel: +43-1-585 74 74, Fax: +43-1-585 74 74-24
Email: office@christinekoeniggalerie.at
http://www.christinekoeniggalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa 12-16h


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