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Crisis as Ideology?: Verhandlung einer Kategorie

Dass Krise ein fortwährendes Element post-globaler Denkansätze und Existenzmodelle darstellt, das historisch begründet ist und spätestens seit 2008 einen Dauerausnahmezustand darstellt, zeigt die Ausstellung Crisis as Ideology?, die einen erweiterten Ansatz in der Betrachtung unterschiedlicher Lebenswelten und ihrer Gefährdungspotentiale einnimmt. Dass mit den Veränderungen der ökonomisch bedingten Flexibilitätsmuster und Sparmodalitäten auch positiv umgegangen werden kann oder zumindest versucht wird, zeigt Marianne Flotron in ihrer mehrteiligen Videoarbeit „Work“, in der die MitarbeiterInnen eines Versicherungsunternehmens in den Niederlanden nach ihren Arbeitsverhältnissen befragt werden, bei denen sich durch flexible Arbeitsverhältnisse und Teleworking ein entspannterer Umgang mit dem Unternehmen einstellt aber sich gleichzeitig auch gewisse Verantwortungsmuster ergeben. Dieser Umkehrung einer vermeintlichen Krise entgegen verweist Ferhat Özgür auf die Arbeitsverhältnisse von Saisonarbeitern im Baugewerbe in Ankara. Deren minimaler Lohn sowie teilweise gefährlicher Körpereinsatz zwingt sie zu einer konstanten Hinterfragung ihrer Existenzverhältnisse, die stets mit einer unsicheren Zukunft einhergehen. Vlatka Horvath wiederum zeigt zwei Arbeiten, die das Thema Krise unterschiedlich behandeln: Auf der einen Seite veränderte Familienfotos ihrer Eltern aus dem einstigen Jugoslawien, dessen verheißungsvolle Zukunft ins Leere mündete und gegenüber ein Tisch, an dessen Kanten runde Objekte angebracht sind, die jederzeit über den Rand zu kippen drohen. An letzterem Beispiel zeigt sich, wie die Objekthaftigkeit von Kunst Themen ironisierend ins Spiel bringen kann. Dies versucht auch Dejan Kaludjerović mit seiner übergroßen Mikadobox, zu der begleitend eine Soundinstallation mit Interviews von Kindern läuft, die über ihre Ängste, Sorgen aber auch Träume reden und Zukunftsvisionen antizipieren. Anna Hofbauers mittelformatige schwarz-weiß Kontaktabzüge wurden während Spaziergängen in Österreich, Bosnien, Montenegro und Kroatien aufgenommen, die die Diskontinuitäten von Gemeinschaftsmerkmalen aufzeigen, jedoch das Thema Krise im Vergleich zu Horvath eher marginal ins Blickfeld rücken. Dass nicht bei allen Werken in der Ausstellung das Thema Krise unmittelbar erkennbar ist, zeigt, wie sich die KuratorInnen diesem Themenfeld aus unterschiedlichen Blickwinkeln annähern, was auch in eine Gemeinschaftsarbeit zwischen Anamarija Batista und Seth Weiner mündete, die den Boden des Ausstellungsraums mit kleinen, farblich unterschiedlichen Faltobjekten nach japanischem Stil auslegten. In diesen finden sich Referenzen zu einer großen Anzahl an philosophischen und gesellschaftspolitischen Texten, die sich dem Thema widmen und somit den Diskurs über die in der Ausstellung verhandelten Arbeiten hinaus führen.
Mehr Texte von Walter Seidl

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Crisis as Ideology?
10.06 - 23.07.2016

Kunstraum Niederoesterreich
1010 Wien, Herrengasse 13
Tel: +43 1 90 42 111, Fax: +43 1 90 42 112
Email: office@kunstraum.net
http://www.kunstraum.net/de
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-19, Sa 11-15 h


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