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Cäcilia Brown - Luxusprobleme: Mehr Raum für Widerständiges

Die junge Bildhauerin Cäcilia Brown (geb. 1983 in Frankreich), die das Studium der Bildhauerei 2011 an der Wiener Akademie der bildenden Künste abgeschlossen hat, erarbeitete sich in relativ kurzer Zeit den Ruf einer anspruchsvollen Künstlerin. Nicht zuletzt machte die rätselhaft-prosaisch klingende Rhetorik der Titel ihrer letzten Ausstellungen – in dieser Personale lautet er „Luxusprobleme“ - auf sie aufmerksam. Ebenso die bildliche Erfassung (Plakate) ihrer Solopräsentationen scheint ein gleichberechtigter Teil ihrer skulpturalen Werke zu sein, und alle diese realen Referenzen bewirken, dass Cäcilia Browns bildhauerische Form verstärkt dynamisch und weiträumig erscheint. Diese Form möchte nicht Gegenstand eines materiellen Zubetonierens der vorhandenen Inhalte, sondern ein offener Verhandlungsprozess sein, in dem sich das Sichtbare mit Unsichtbarem, Original und Archetyp mit Kopie ständig vermischen. In der aktuellen Ausstellung der Gabriele Senn Galerie konterkarieren Zerrissenheit, sichtbare Furchen und Ritzen subversiv ein formales System, das glatte, gerade und glänzende Konstruktionen und Produkte aus Stahl, Beton und Glas bevorzugt. Zwei neoformalistische Serien werden gezeigt: „Luxusprobleme“ und „OrdnungshüterIn“. Im Gegensatz zum Formalismus fordert der Neoformalismus die Suche nach Deformationen, deren innere Bewegung die vorherigen formalen Strukturen durchbricht. Die Bildhauerin behandelt Fläche und Raum als Wirkungsbereich der grauen Spuren, Überreste, Fragmente, Wunden, Löcher und Fehler. Und diese porösen, beinahe ruinösen Gebilde verbinden sich assoziativ zumeist mit etwas Anderem: mit verwaschenen, raumaktiven Bildern wie das monströse fast zur Decke emporsteigende Bildwerk aus Feinbetonguss und Stahl im Eingangsbereich der Galerie demonstriert; andere Werke zitieren wiederum unbestimmte urbane Orte: diese sind markiert durch Projektionen eigener Werke anhand von Kopien mit einem vorgeblendeten Rastersystem. Jede Skulptur und jedes Objekt wird dabei anthropomorphisiert oder individuell und aktivistisch dramatisiert, wie zum Beispiel die Arbeit „hier möchte ich gerne Pferderennen etablieren“ oder „Aktivbürger“. Die letztgenannte wird anstatt an der Wand als festes Fundament lediglich an einem Geländer mit einem Band provisorisch befestigt. Sonst entstehen die skulpturalen Formen im Verfahren des Drehens und der gewaltsamen Deformation, des Biegens und Zerquetschens des harten Stahls, sodass an dem unbeweglichen Beton unruhige Reibungszonen aufscheinen. Cäcilia Brown bedient sich einerseits einer monumentalen Größe, andererseits generiert sie eine überbordende Eigenart der Formen, die bisherige Eigenschaften der Skulptur wie Statik/Kinetik, Volumen/Fläche, Vorderseite/Rückseite oder Malerisch/Linear infrage stellen. Den Narrationen auf Papier und ihrer dekonstruierten, collagierten Visualität steht die Flüchtigkeit der Blöcke aus Beton und Stahl gegenüber. Diese krisenhafte Rhetorik formaler Desorganisation dreht sich hier sowohl um die skulpturale Ordnung, z.B. Erhabenheit der Formen, wie auch um bildhauerische Ziselierung des Materials. Es scheint bei „Luxusproblemen“ nicht so sehr um bessere Zukunft oder amüsantes Konsumspektakel zu gehen, sondern um (skulpturale) Wende und (gesellschaftlich-politisches) Widerstreben. Dazu braucht die Künstlerin unabdingbar viel mehr Raum für eine bereits hereinbrechende Zukunft.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Cäcilia Brown - Luxusprobleme
11.03 - 30.04.2016

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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