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Kurt Kocherscheidt - Das fortlaufende Bild: Das Rot der späten Jahre

Im Zeitalter der Pensionsreform rücken Spätwerke in den Blick. Nachdem man also auf der Biennale feststellen konnte, dass Bruno Gironcolis wuchtige Tableaus an Wirkung nur gewinnen, wenn sie ihre Jahresringe an Weiterverarbeitung ansetzen, liefert nun das MAK einen Beweis dafür, dass sich das modernistische Prinzip der Wunderkinder und Berufsjugendlichen auch auf den Kopf stellen lässt. Kurt Kocherscheidt, 1943 geboren, 1992 gestorben, der sich nach dem griechischen Wort für sein Initial Kappa nannte, weil sich das leichter internationalisieren ließ, präsentiert eine jener Meister-Leistungen, dank derer man noch an den Fortschritt glauben kann. Es ist vor allem die Produktion seiner letzten fünf Jahre, mit der Kocherscheidt im ersten Stock des MAK-Ausstellungssaals, in Szene gesetzt von der, sagen wir, eigenwilligen Architektur Michael Wallraffs, zeigt, was er kann. Dass dieses Spätwerk derart absticht, liegt zum einen daran, dass es vorher, in den Siebzigern, als Kocherscheidt im Umkreis der füglich provinziellen "Wirklichkeiten"-Gruppe dümpelte, und in den frühen Achtzigern, als er eine jener Verwechselbarkeiten abgab, die seinerzeit den neuen Geist der Malerei in die Boomphase breittraten, nicht zum Take-Off gereicht hatte. Und es liegt an der Power der späten Bilder. Alles ist gröber geworden, blockhafter, vereinfacht, aber eben nicht geglättet. Eine große, monochrom gehaltene Form wirft sich in die Brust, undifferenziert, grobschlächtig geradezu, als hätte sie es schlicht nicht nötig, sich anheimelnder darzubieten. Für die Arbeiten reicht jetzt auch eine Leinwand aus, während davor ein Wust von Kleinformaten sich zum Polyptychon fügte. Und die Farben, grünlich, bräunlich, rötlich, nähern sich dem Erdverbundenen, so als stünden sie mit beiden Beinen auf dem Boden. Kocherscheidts Malerei nimmt jenen Wert an, von dem man heutzutage eher nicht mehr redet, weil die Moderne viel Schindluder damit getrieben hat. Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand verfügt, hieß das berüchtige Diktum Carl Schmitts, das die Diktaturen nur zu gerne hörten. Doch vielleicht hat Souveränität ein Refugium im Ästhetischen. Mit seinem Spätwerk jedenfalls markiert Kurt Kocherscheidt einen Ausnahmezustand.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Kurt Kocherscheidt - Das fortlaufende Bild
25.06 - 05.10.2003

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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