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Heinz Mack

Grisaille nennt die Kunstgeschichte eine bildnerische Technik, die auf eine einzige Farbe setzt. Diese Farbe muss nicht Grau sein, und Grisaille meint auch nicht diese spezielle Couleur, sondern es meint die Methode, ein Blau, ein Rot, ein Grün abzuschattieren, sie auszudifferenzieren durch die Beimengung von Schwarz und Weiß. Grisaillen sind nicht monochrom, sie folgen einer Logik der Lichtwerte. Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden widmet seine „Sommerausstellung" gerade Heinz Mack. Womöglich ist Macks ganz buchstäbliche Luminosität der Jahreszeit tatsächlich sehr gemäß. Eine Kunst des Verschwindens war um 1960, als er zum Take-Off ansetzte, der letzte Schrei. Mack zeigt, was man davon in Materialität retten kann: Phänomenalität, ein Dasein im Lichte des Lichts. Man kann Konzeptualist sein, ohne Maler zu sein, aber kaum, ohne Maler gewesen zu sein. So kommt auch Mack von den Gemälden, und sie sind auf ihre Art Grisaillen. Die Helligkeit, die sie einfangen, verdankt sich nun nicht dem Walten von Grauwerten, sondern der Atmosphäre selbst, den Lampen, der Sonne, dem Strahlen der Umgebung, die das Licht auf die Oberflächen sendet, wo es sich nun spielt. Dicke Streifen von Kunstharz liegen auf dem Nessel, ein Relief bildend, gleichmäßig in ihrem Raster und vielfältig in den Effekten und Reflexen. Die eigenhändig aufgetragene Paste ist im Detail immer unregelmäßig, die Launen der Verteilung sorgen für die Varietät der Wirkungen. Blick in die Ausstellung: Heinz Mack. Licht Schatten, © Bildrecht Wien 2015 Macks Werk setzt also durchaus aufs Tafelbild, es ist auf seine Weise futuristisch, indem es versucht, dem Statischen Motorik, Beschleunigung, ein Vorwärts abzutrotzen. Ein halbes Jahrhundert vorher, als Tommaso Filippo Marinetti im Jahr 1909 das Manifest aller Manifeste geschrieben hatte und sich von Italien ausgehend eine Bewegung um das Prinzip Bewegung gebildet hatte, war es ein letztlich hoffnungsloses Unterfangen. Das Raummedium Bild ließ sich nicht einfach zum Zeitmedium umfunktionieren. Mit der kinetischen Kunst, für die Mack mit seinen Materialtableaus einen herausragenden Vertreter abgibt, war das Problem keines mehr. Bewegung wurde buchstäblich genommen, war nicht länger Sache des Motivs und der Abbildung, sondern ergab sich ganz zwanglos aus dem Einsatz von Apparaturen. Eine solche Maschine zur Dynamisierung konnte ein Motor sein, der im Fond des Bildes rotierte. Es konnte aber auch der Wind sein, der über die Oberflächen strich, die zusehends aus dafür sensiblem Material gemacht waren, aus Metallfolien oder Plexiglas. Das Publikum wurde seinerseits als Faktor von Bewegung in Anspruch genommen, insgesamt alles, was barometrisch für Veränderung sorgte. Zusammen mit seinem Kollegen und Atelierpartner Otto Piene gründete Mack die Gruppe „Zero“. Aus einer gemeinsamen Ausstellung im Jahr 1957 hervorgegangen, ist „Zero“ die Kadertruppe der deutschen Nachkriegskunst, die früheste künstlerische Bewegung von eigener Originarität und vor allem eigener Internationalität. In Düsseldorf beheimatet, hat „Zero“, zu der 1961 noch Günther Uecker stoßen sollte, der Umwandlung des Rheinlandes in ein Kunstzentrum gehörigen Anschub verliehen. Die ins Auge gefasste Dynamik, sie hatte sich in der Tat ergeben. www.museum-frieder-burda.de
Mehr Texte von Rainer Metzger

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