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Hans Schärer - Madonnen & Erotische Aquarelle / Inhabitations - Phantasmen des Körpers in der Gegenwartskunst: Aarau gefangen zwischen Madonnen, frivolem Witz und Phantasmen des Körpers

In den letzten Monaten bot das Aargauer Kunsthaus zwei miteinander korrespondierende Ausstellungen: Die Madonnen und eine Auswahl der erotischen Aquarelle des aus Luzern stammenden Künstlers Hans Schärer traf auf eine Gruppenausstellung mit dem Titel "Inhabitations. Phantasmen des Körpers in der Gegenwartskunst". Zuerst zu Hans Schärer. Bereits 1982 gab es eine erste Retrospektive der Werke in Aarau zu sehen. Damals wurde Schärer als einer der wichtigsten Vertreters der Schweizer Art Brut Szene verkauft, nun stellt Direktorin Madeleine Schuppli den "konzeptuellen Ansatz" des Künstlers in den Vordergrund. Sah man sich mit der großen Menge und Reichhaltigkeit von 230 Madonnenbildern konfrontiert, so wurde rasch deutlich, wie weit Schärers (1927-1997) Madonnen vom üblichen Klischee eines Marienbildnisses entfernt zu betrachten sind. In ihrer Fülle treffen Nonnen und Burkaträgerinnen auf Mumien und Zyklopinnen. Von zartem Rosa bis hin zu Schwefelgelb finden sich Madonnen in allen denkbaren Farbstufen und Varianten. Selbst Conchita Wurst läßt grüßen. Neben der Farbvielfalt verblüfft auch die starke durch Fundgegenstände wie Muscheln, Kieselsteine oder Glasscherben und diverse Malschichten gewachsene Körperlichkeit der Madonnen. Kleinere Motive in St. Petersburger Manier gehängt, wechseln mit schier endlosen Galerien von ikonenhaften Gestalten ab. Ums Eck eine Art Separée. Darin verborgen die rund 140 umfassende Werkgruppe der Erotischen Aquarelle und eine kleinere Anzahl von Tonobjekten. In seinen Aquarellen zeigt sich Schärer als fabulierender und sinnenfroher, aber dennoch auch als ein überaus kritischer und polemischer Beobachter. Die dargestellten Szenen sind voller Sinnlichkeit, Heiterkeit und frivolem Witz und stehen in einem bereichernden Kontrast zur nun überraschenden Strenge der Madonnen. Fließend der Übergang zur Gruppenausstellung "Inhabitations. Phantasmen des Körpers in der Gegenwartskunst". Diese, von Marianne Wagner zusammengestellt, darf durch die gezeigten 11 Positionen einerseits als eine Vertiefung von Schärers Themen, andererseits als ein feiner, bisweilen aber auch grotesker Kommentar hierzu verstanden werden. Leitfrage der Ausstellung ist, inwieweit der "Körper als ein Gefäss, das mit Vorstellungen und Visionen gefüllt wird", "zum Medium und Vermittler zwischen dem Ich und der Welt" werden kann. Die Schau enthält einen bunten Reigen unterschiedlichster Positionen hierzu. Manche Arbeiten wie "Impulsive Control" von Melodie Mousset, die verformten Körperteile von Loredana Sperini, die im Innenhof platzierten Vasen als Urform des Körpers von Tanja Roscic oder einige der feinen Aquarelle von Andrea Heller greifen den Aspekt des Körpers als Gefäss auf und spielen variantenreich damit. Bei anderen, wie der Installation von Augustin Rebetez , Yves Netzhammers "Vororte der Körper", den bearbeiteten Fotos von Nel Aerts, den zotigen Gemälden von Beni Bischof oder den zwar inhaltlich grausamen, aber bildnerisch und musikalisch starken vier Videos von Nathalie Djurberg und Hans Berg steht eher das Veränderliche, das Erzählerische im Vordergrund. Und die Masken von Nathalie Bissig stehen in einer dialogischen Nähe zu Schärer. Inhaltlich lässt sich das Ausgestellte also irgendwie alles mit dem Körper zusammenbringen. Die Herausforderung der Ausstellung liegt allerdings in der Gewichtung der unterschiedlich stark bespielten Räume. Neben dem opulenten raumgreifenden Rebetez, dem bild- und lautstarken Duo Djurberg/Berg und der gekonnten Trivialität Bischofs tun sich die stilleren Positionen wahrhaftig schwer und verblassen. Schade eigentlich.
Mehr Texte von Harald Krämer

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Hans Schärer - Madonnen & Erotische Aquarelle / Inhabitations - Phantasmen des Körpers in der Gegenwartskunst
01.05 - 02.08.2015

Aargauer Kunsthaus
5001 Aarau, Aargauerplatz
Tel: +41 62 835 23 30, Fax: +41 62 835 23 29
http://www.aargauerkunsthaus.ch
Öffnungszeiten: Di - So 10:00 - 17:00, Do 10:00 - 20:00


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