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Mats Staub: 21 – Erinnerungen ans Erwachsenwerden: Erinnerungen an die Zukunft

Die diesjährige Ausstellung der Wiener Festwochen bringt passend zum theatralischen Schwerpunkt ihres Programms die Videoinstallation „21 - Erinnerungen ans Erwachsenwerden“, des 43-jährigen Schweizer Künstlers Mats Staub. In mehr als 10 senkrechten Videoscreens zeigt Staub vor schwarzem Hintergrund Interviewpartner verschiedenen Alters, die aus ihrem Leben erzählen. Die Protagonisten kommen aus den deutschsprachigen Landen, aus Johannesburg oder London oder sprechen französisch. Allen gemeinsam wird die Frage nach ihren Erinnerungen an ihr 21. Lebensjahr gestellt. Fast alle beginnen mit dem Datum ihres Geburtstags und erläutern die Frage ob man mit der „Volljährigkeit“ auch erwachsen wurde. Zumindest denken die Protagonisten über die Vereinbarkeit dieser Fragen nach. Straub, der auch als Dramaturg arbeitet, bedient sich eines theatralischen Tricks, der diese Interviews so eindringlich und manchmal auch verstörend macht: Er nimmt rund eine Stunde Interviewmaterial auf und schneidet dies zu einem 8 Minuten langen Hörbild zusammen. Diese Sequenz spielt er nun den Protagonisten vor und filmt ihre Reaktionen. Wir sehen also in diesen Videosequenzen wie die Interviewten ihrer zusammengeschnitten Erzählung lauschen. Wir sehen ihre Mimik von Erstaunen, Lächeln bis zu Tränen der Rührung. Und wir hören ihren abschließenden Kommentar zu den von ihnen gehörten Lebensbeschreibungen. Manchmal verstärkt dieser Kommentar noch das Gehörte. Manchmal gelingt den Protagonisten ein Resümee ihres Lebens. Staub hat für dieses Kunstprojekt mit mehr als 100 Menschen gesprochen. Er bezeichnet es als Langzeitprojekt, mit dem er seit 2012 schon in Frankfurt, Weimar, Belgrad oder Basel unterwegs war. Es ist auch ein Projekt mit offenem Ende, denn die Sammlung der Biografien kann sich ins Unendliche fortsetzen. Es ist gleichsam ein Eintauchen in eine Fülle von Leben. Hier sei nur eine individuelle Auswahl, die jeder Betrachter unterschiedlich bestimmen kann, erwähnt. Der Bogen der Viten reicht von einer damals jungen Frau im Nationalsozialismus die von der neuen Ordnung überzeugt war, zum Anarchisten, der 1977 21 Jahre alt war und im Graubereich der anarchistisch-autonomen Szene als Student agierte, bis zu einer Arbeiterin, die in den späten 50er Jahren in Berlin ihre Familie gründete und mit wenig Geld auskommen musste. So ging sie zum günstigen Einkaufen in das damals noch nicht abgeriegelte Ostberlin. Weiters ist ein Kurde zu hören, der als junger Mann nach Deutschland kam und unter Trennung von seiner Heimat litt, sowie politische Drangsalierung erfuhr. Staub gelingt ein faszinierendes Panorama unterschiedlicher Lebensgeschichten, die nicht der Psychologie oder der Oral History verpflichtet sind. Straub verwendet bei seiner Kunst von all diesen Methoden ein wenig. Wesentlich bleibt aber das gestaltende Element des Autors, das dramaturgisch in diese Erzählungen eingreift. Erst das bestimmt den Rhythmus des Gesehenen. Bleibt nur die Frage des Kritikers nach dem Motiv des Autors. Warum legt jemand eine so umfassende Sammlung von Leben an?
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Mats Staub: 21 – Erinnerungen ans Erwachsenwerden
17.05 - 21.06.2015

Künstlerhaus Wien xx
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: 01 587 96 63, Fax: 01 587 96 36
Email: office@k-haus.at
http://www.k-haus.at/
Öffnungszeiten: täglich 10 - 18, do 10 - 21 uhr


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