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Art Cologne: Bewegung hält fit

Was haben sie geschimpft! Als die Art Cologne ihre neue Hallenaufteilung bekanntgab, war das Geschrei unter den alteingesessenen Ausstellern zunächst groß. In den Keller sollten sie abgeschoben werden, so das Lamento. Mit Absage und Geld zurück-Forderungen drohten einige. Letztlich haben sich dann doch alle mehr oder weniger zähneknirschend darauf geeinigt, erst einmal abzuwarten und hinterher zu entscheiden, ob sie an der ältesten Kunstmesse der Welt und unbestreitbar wichtigsten Veranstaltung in Deutschland auch zukünftig teilnehmen wollen. Nach den ersten Tagen hat sich der Sturm allerdings gelegt. Die klarere Trennung der Epochen hat nicht zur Verödung des klassischen Bereichs geführt. Die halbe Rolltreppe abwärts und die minimal niedrigeren Decken sind zwar etwas gewöhnungsbedürfig. Ihren Weg haben die Sammler trotzdem gefunden. Und es tut der gediegeneren Ware gut, sich nicht mehr gegen das Geschrei der oft auffälliger auftretenden Kunstproduktion der später entstandenen Kunst behaupten zu müssen. Die großen Geschäfte werden immer noch hier unten gemacht. Zur Vernissage war man noch köln-typisch mittelzufrieden. Danach ging es allerdings weiter: "Den üblichen Nuller-Tag [normalerweise der Tag nach der Eröffnung] gab es dieses Jahr nicht", erklärt der Dortmunder Galerist Wilfried Utermann. Bei Henze und Ketterer aus der Schweiz war man gewohnt unaufgeregt und erklärte man habe wie meistens noch nichts Großes verkauft. Klein bis mittel ist bei dem Expressionismus-Spezialisten allerdings auch schon fünfstellig. Michael Schultz freute sich über den Verkauf eines großen Werkes von A.R. Penck. Den Vogel hat wieder einmal der Kölner Pop Art -Spezialist Klaus Benden abgeschossen. Am Freitag – sonst auch eher ein ruhiger Tag – kam ein erstmals aus dem Ausland angereistes Ehepaar an seinen Stand und zog nach längeren Verhandlungen mit einer "Mona Lisa" von Andy Warhol ab, die mit 3,9 Millionen US-Dollar ausgepreist war. Im mittleren Geschoss, das früher die erste Ebene war, breiten sich jetzt hinter einem großzügigen Entrée die etablierten Positionen der zeitgenössischen Kunst aus. Hier waren am Vernissagetag nicht nur das gewohnte rheinische und Besucher aus dem übrigen Deutschland unterwegs, sondern auch viele Belgier und Franzosen, da die Art Brussels in diesem Jahr erst mit einer Woche Abstand folgt. Und viele der international agierenden wichtigen Galerien wie Hauser & Wirth (London), Thaddäus Ropac (Salzburg/Paris), Karsten Greve (Paris/St. Moritz), Gìo Marconi (Mailand) oder David Nolan (New York) kommen eben an den Rhein und nicht unters Atomium. Das Angebot war allerings nicht gerade von Experimentierfreude und großen Auftritten geprägt. Das liegt im internationalen Trend, Messen wieder mehr als Verkaufsveranstaltungen zu sehen denn als Schaufenster zur Imagepflege. Wie schon im Vorjahr, läuft die ganz junge und naturgemäß etwas mutigere Sektion der New Contemporaries recht gut. Das nach einem Jahrzehnt mittelprächtig gelungener Experimente sieht dieses Segment endlich aufgeräumt und klar strukturiert aus. Bei Einsteigerpreisen ab 1.000 € fällt die Kaufentscheidung einfach etwas leichter. Bei Bischoff Projects aus Frankfurt griff die Ankaufskomission des Bundes gleich mehrfach zu und sicherte sich Arbeiten von Jürgen Krause und Michael Riedel. Alexander Duve aus Berlin, der gerade seinen Künstler Chris Succo an die Art Flipper verloren hat, konnte schon am ersten Tag alle Gemälde von Jens Einhorn zu je 5.800 Euro (netto) verkaufen. Die wahrscheinlich preiswerteste Mitnahmekunst bietet der Neue Aachener Kunstverein. Der noch recht neue Direktor Ben Kaufmann hat das Depot aufgeräumt und Restexemplare früherer Jahresgaben gefunden. Daniel Pflumms "Lightbox" aus dem Jahr 2001, bestehend aus Umzugskisten mit NAK-Logo und Schriftzug hat sogar eine ganz praktische Anwendung. Einige Exemplare aus der 1.100er-Auflage sind noch im flachen Zustand für 12,50 Euro zu haben, andere dienen zusammengefaltet als Aufbewahrungsgelegenheiten. Nach der Aufgeregtheit des Eröffnungtages waren im Obergeschoss besonders viele intensive Gespräche zumeist von Sammlerpaaren mit den Galeristen zu beobachten. Es läuft also alles ganz zufriedenstellend und eigentlich wie immer in Köln am Rhein. Veränderungen stoßen anfänglich immer auf Widerstand. Nur wer sich nicht bewegt, eckt nicht an. Dass lokaler Stillstand in einer sich verändernden Welt zum Niedergang führt, ist allerdings allgemein bekannt und empirisch erwiesen. Man muss halt nur bei Gelegenheit daran erinnern.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Cologne
16 - 19.04.2015

Art Cologne
50679 Köln, Hallen 4 - 5, Messeplatz 1
Tel: +49-221 821 32 48
Email: artcologne@koelnmesse.de
http://www.artcologne.de
Öffnungszeiten: täglich 12 - 20 Uhr


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