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Der Friedl im "eigenen" Lande?

Überraschend: Einen einzigen österreichischen Künstler hat Okwui Enwezor dieses Jahr in seine Ausstellung auf der Venedig Biennale eingeladen. Einen, der schon zweimal auf einer documenta vertreten war. Und der bereits 1999 im Österreichischen Länderpavillon zusammen mit Rainer Ganahl und Christine & Irene Hohenbüchler auf der Venedig Biennale ausgestellt hat. Dazu kommen retrospektive Ausstellungen u.a. in Barcelona, Berlin und Miami. Somit zählt er zu den erfolgreichsten Künstlern seiner Generation nicht nur in Österreich. Dieser Künstler aber, und das nun ist wirklich überraschend, hat keine Galerie in Österreich, und hatte noch nicht eine (!) Einzelausstellung in einer der Wiener Kunstinstitutionen. MUMOK, Secession, MAK und Belvedere – niemand hat Peter Friedl je in einer Solo-Präsentation vorgestellt. In Gruppenausstellungen hat man ihn schon paarmal in seinem Geburtsland gesehen, aber auch diese Auftritte sind eher selten. Da lohnt der Vergleich, z. B. wenn man mal bei ArtFacts die Zahlen von Peter Friedl und Peter Kogler vergleicht: Friedl 225 Ausstellungen, davon 27 in Österreich – Kogler 250 Ausstellungen davon 106 in Österreich, darunter Einzelausstellungen im MUMOK, der Wiener BAWAG Foundation und der Secession. Peter Friedl in seiner Installation "Zoo Story" auf der documenta XII Nun kann eine Galerie vertreten wen sie will – aber sind öffentliche Institutionen nicht ihren „heimischen“ KünstlerInnen doch irgendwie verpflichtet, zumal andere ÖsterreicherInnen dort ja „ein und ausgehen“?! Und sollten sie nicht auch dazu verpflichtet sein, unabhängig persönlicher Vorlieben einen Überblick zu geben über international beachtete und diskutierte Kunst aus „ihrem“ Lande? Es ist infam einerseits die Kategorie „in Österreich geboren“ als „nationalistisch“ zu kritisieren und andererseits von ihr erfolgsorientiert Gebrauch zu machen, wie es gerade in Wien immer wieder geschieht. Aber warum können einige KünstlerInnen diese „Geburtskarte“ ausspielen und für andere gilt sie nicht? Liegt es an der jeweiligen Kunst? Oder an der Künstlerpersönlichkeit? Oder an dem berüchtigten Wiener Geklüngel? Genau an diesem Punkt wird es spannend und mehr als bloß eine Geschichte eines fast schon „Verleugneten“, zeigt sich doch dass die Wiener Kunstszene tatsächlich von einigen wenigen (inzestösen) Netzwerken durchzogen ist, die an wichtigen Schaltstellen sitzen. Man erinnere sich nur noch einmal an den Eklat, den die Wahl von Barbara Holub, die eben nicht diesen Netzwerken angehörte, zur Präsidentin der Secession 2006 hervorrief und der zu ihrem Rücktritt nach nur einjähriger Amtszeit führte. Eben darum fragt sich: Wie unabhängig eigentlich sind Wiens Kunstinstitutionen noch von diesen Netzwerken, die in ihrem Kunstsystem mehr oder weniger klammheimlich den Ton angeben? Die prompte Verlängerung des Vertrages der MUMOK-Direktorin Karola Kraus spricht da Bände: Eines der besagten Netzwerke hatte sich nicht gescheut diese Verlängerung, jedwede Verabredungen von Gewaltenteilung ignorierend, offensiv durch eine in Umlauf gebrachte Petition zu unterstützen – und bewährte Seilschaften können weiter die „üblichen Verdächtigen“ in Szene setzen.
Mehr Texte von Raimar Stange

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
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Lamber Moser | 17.04.2015 10:05 | antworten
Bundesministerium mit Galeristen, Sammler, Museen und Kunsthallen, Wirtschaft und Finanz Hand in Hand zu mehr Marktrelevanz. Kunst ist für diese Leute nur mehr Ware und genauso dem Verdrängungswettbewerb wie jährliche Modekollektionen unterworfen.

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