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Stephen Waddell: Die Konstruktionen einer geduldigen Kamera

Stephen Waddell wurde 1968 in Vancouver geboren. Allein diese Ortsangabe deutet schon die Windrichtung an, nach der seine Arbeiten schmecken. Tatsächlich war Waddell Student und Assistent bei Jeff Wall. Jetzt lebt er in Berlin und zeigt in der Münchner Galerie Tanit neuestes aus seiner Werkstatt, Fotografien im Format von einem auf eineinhalb Metern sowie zwei Gemälde, die das Fotografierte malerisch weitererzählen. In diesem Sinn fügt Waddell der Arbeit des Meisters eine weitere Lage an Komplizierung hinzu. Die knapp lebensgroßen Figuren, die seine Großstadtszenerien bevölkern, scheinen direkt den Wallschen Leuchtkästen entstiegen, erinnern in Posen und Beschäftigungen an die Eigensinnigkeiten, Tücken und Gefährdungen, die die Menschen bei Wall stets heimsuchen. Auch bei Waddell wird gelauert und gemutmaßt, neurotisiert und proletarisiert. Allein, Waddell macht Schnappschüsse. Wo Wall wie ein Regisseur verfährt und jedes Detail in einer buchstäblichen Kom-Position verortet, setzt Waddell auf die Konstruktionen einer geduldigen Kamera. Man mag es kaum glauben, daß die Attraktionen und Sensationen auf Waddells Bildern nicht arrangiert sind. Für die Inszenierungen ist allein die Wahrnehmung zuständig, ein geschultes Auge, dessen Blick um die Prägungen und Voreinstellungen weiß. Wie es im Auge Nachbilder gibt, farbige Flecken, bei denen die Retina aufbewahrt, was gerade fokussiert wurde, so läßt Waddell jenen Nachbildern ihr Recht, die von künstlerischen Vorbildern kommen. Wenn also Walls Arbeiten aussehen, als wären sie freie Anleihen bei der Wirklichkeit, so muten jene von Waddell an, als folgten sie streng der Mise-en-Scène des Mentors. Die beiden Gemälde, die Waddell zwischen die Fotos fügte, tun ihr übriges: Sie forcieren das Narrative. Die Historienbilder speziell des 19. Jahrhunderts, immer schon die Ideengeber für Walls Parallelwelten zum Alltag, kommen darin zur Kenntlichkeit. Wir sind normalerweise ja nicht für Kunstmarkttipps zuständig, und Kritik ist, auch wenn sie positiv ausfällt, etwas anderes als Werbung. Sei`s drum: Waddells Fotos kosten bei 5er Auflagen etwa 45.000 Schilling. Wir würden eines nehmen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Stephen Waddell
18.09 - 10.11.2001

Galerie Tanit (alte Location)
80538 München, Maximilianstrasse 45
Tel: +49 (0)89 29 22 33, Fax: +49 (0)89 29 57 92
Email: info@galerietanit.com
http://www.galerietanit.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11:00-18:30, Sa 11:00-14:00


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