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25 Jahre ZKM

Zum Jubiläum tritt Kraftwerk auf. Das sind die, die 1977 „Trans Europa Express“ herausbrachten. Darin gibt es die folgenden zeitlosen Zeilen: „Rendez Vous auf den Champs Elysées/ Verlass Paris am Morgen mit dem TEE/ In Wien sitzen wir im Nachtcafé/ Direktverbindung TEE/ Wir laufen rein in Düsseldorf City/ Und treffen Iggy Pop und David Bowie“. Kraftwerk hat die Elektronik massenbetriebstauglich gemacht. Das ZKM, zu dessen 25jährigem Bestehen sie an diesem Wochenende aufgespielen, hat die Elektronik auch massenbetriebstauglich gemacht. Ein wenig ist das ZKM mit dem zentralen Trakt seines Medienmuseums ein Streichelzoo. Kinder gehen bevorzugt hinein, man kann Pacman spielen und auf Jeffrey Shaws Ergometer Buchstabenfassaden entlang treten. Nachgerade niedlich sind die Dinge, die sie hier ausstellen. Es ist eine Avanciertheit, wie man sie sich vor einigen Jahrzehnten gedacht hat, ein Futur II, nach Maßgabe dessen, was Jean-Francois Lyotard, einer der Säulenheiligen, als „Regeln dessen, was gemacht worden sein wird“ festlegte: Neuheit, herunter gedimmt auf das Fassungsvermögen jenes Bewusstseinszustandes namens Kunst, der ja auch nicht innovativ, sondern kategorisierend funktioniert. Das „Zentrum für Kunst und Medientechnologie“ ist, man muss das so personalisieren, die Statik gewordene Dynamik seines Direktors. Seit 1999 amtiert Peter Weibel, er folgte dem Gründungsobmann Heinrich Klotz, der plötzlich aus seinem Amt heraus verstarb, nach und bleibt, da ihm kein Beamtendienstrecht am Zeug flickt, voraussichtlich auf eine Weise die gestaltende Kraft, dass ihm ein ähnliches Schicksal wie seinem Vorgänger droht: eine Leitung auf Lebenszeit. Die Zeilen aus dem Lied von Kraftwerk sind offenbar ganz direkt auf Weibel gemünzt. Zu dessen 65. Geburtstag gab die Belegschaft ein wunderbares Video heraus, rotierend um den von Geschäftsführerin Christiane Riedel hervorgebrachten Running Gag: „Herr Weibel, wo sind Sie gerade“? Die Festschrift, die sich das Haus zum Vierteljahrhundert gab, fällt auf ihre Art aus der Publikationenliste des ZKM heraus: Zum einen erscheint sie rechtzeitig zum Anfang der Festivitäten (und nicht wie üblich eineinhalb Jahre danach); zum anderen ist sie skandalöserweise nur 500 Seiten stark, der Praxis Weibels gemäß also die Sache der Lektüre eines Vormittags. Politiker und sonstige Funktionäre erinnern darin, wie es war vor einem Vierteljahrhundert, als man einen viel zu großen Anspruch in eine viel zu kleine Stadt steckte. Das ZKM besetzt seit 1997 eine mehr als 300 Meter lange ehemalige Munitionsfabrik, im ersten Weltkrieg erbaut, die aus nahe liegende Gründen nur aus Höfen besteht. Was gut in die Luft fliegt, ist nicht gerade bildertauglich, doch das UFO ist erstaunlich gut gelandet und hat mit seinen etwa 300.000 Besuchern im Jahr immer auch etwas Sensationelles an sich. Das nämlich ist die eigentliche Leistung, jenseits aller Spekulation um die nun auch nicht mehr so neuen und wenn neu, dann in ihrer Niedagewesenheit zunächst nicht so recht vermittelbaren Medien: Die Präsentationen des ZKM sind fast immer auf mitreißende Weise versponnen, sie sind viel zu groß, haben zuviele Exponate, sind begleitet von allzu viel Text, und theroetisch sind sie gern einmal angereichert von Experten mit altmaoistisch oder sonstwie asiatisch esoterisch grundiertem Anstrich. Und es funktioniert. Die Website des ZKM ist zum Jubiläum erneuert worden (www.zkm.de). Man mag es nicht glauben, aber sie ist jetzt übersichtlich. Wenn das einmal gut geht. Wir gratulieren trotzdem.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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