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Thea Djordjadze: Skulpturale Theatralik

Ihr Name ist schwer auszusprechen und ihre Skulpturen sind derzeit überwiegend titellos. Nichtsdestotrotz ist sie, neben Monika Sosnowska, Katja Strunz oder Tatiana Trouvé, eine der bekanntesten und einflussreicheren Künstlerinnen ihrer Generation. Die 1971 in Tbilisi geborene Thea Djordjadze vertritt den sogenannten neuen Modernismus des 21. Jahrhunderts, auch „Das neue Dekor“ genannt. Ihre fragilen skulpturalen Gebilde und installativen Arrangements beziehen sich auf die Geschichte der Modernisierungsprozesse in dem heimatlichen sowjetischen Umfeld, stehen kritisch ihrem universalistischen Anspruch gegenüber, transformieren ihn und kombinieren manchmal mit den ethnographischen Gestaltungselementen (z.B. Kilims oder Schlaf-Teppichbodenstücke) aus dem georgischen Kulturkreis. Die Vorlieben der an der Schnittstelle zwischen bildender Kunst, Kunsthandwerk und Design arbeitenden Künstlerin gelten als Anhaltspunkt dem Interieur-Motiv und Einrichtungsgegenständen wie Bett, Tisch, Sessel oder Regal, die zu grazilen skulpturalen Holz- und Stahlkonstruktionen umfunktioniert werden. Die zeitlosen geometrischen Strukturen brechen auf, erscheinen verschoben, die Geraden und Winkel werden kaum zu Ende geführt und darüber hinaus mit allerlei geisterhaften Souvenir-Gegenständen in Berührung gebracht. Abstraktion wird mit nicht vollendeten Figurationen, die moderne Rhetorik mit dem Schweigen ruinenhafter Archaik gepaart. Djordjadzes subjektive Strategien der Politik des Displays kommen auch in ihrer aktuellen Installation in der Galerie Meyer Kainer zur Geltung. Die Präsentation umfasst eine Art Virtrinensystem, das sich entlang der beiden Galeriewände in den Raum erstreckt und dann auf der einen Seite asymmetrisch abbricht. Die offenen Rasterkästen aus schwarz lackierten Metall dienen als Sockel und Träger für ein Panoptikum diverser plastischer Formen und Objekte; imaginär-fragmentarische Überreste einer Zivilisation oder stumme Phantome des Inneren, – deren amorphe Körper aus Gips, Karton, Holz, Kupferfolie und handgemachte Fertigungsweise kryptisch verschlüsselte Referenzen zur Skulptur der klassischen Moderne und der Jetztzeit gleichzeitig beschwören. Die Objekte entziehen sich einer didaktischen Lesbarkeit, für die eventuelle Narration steht allein ihre materielle Präsenz. Und immer wieder treten in den sogenannten Vitrinen und außenhalb von ihnen ausgedehnte Leerstellen auf. Minimalisierend theatralisch angeordnet weisen sie auf einen spezifischen Wert eines (üppigen) Auftauchens, Ausgleiches und langsamen Verschwindens der dekorativen Objekte und damit auch der Kunst hin. Die im ersten Raum der Galerie auf dem gelben Teppich ruhende möbelartige Regalkonstruktion aus den schwarzlackierten Gittern ist gänzlich leer, dem Überfluss der Konsumgüter nicht ausgesetzt. Ihre Leere ist ein Wunderwerk an sich – das gelbe dunkle Nichts. Im Kommunismus sorgten leere Regale für Unruhe und Aufstände der Bevölkerung, im Kapitalismus sind sie wertlos, sofern sie Träger eines konsumierbaren Inhalts sind. In der Kunst bekommen Leerregale hingegen ihre Wirkung und Symbolbedeutung. Sie können beispielweise das Auslaufen eines alten Systems signalisieren, das bereits in den verführerischen Vitrinen von Djordjadze zu sehen ist.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Thea Djordjadze
05 - 27.09.2014

Galerie Meyer Kainer
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
Tel: +43 1 585 72 77, Fax: + 43 1 585727788
Email: contact@meyerkainer.com
http://www.meyerkainer.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-15h


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