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Max Weiler (1910 – 2001) - Arbeiten auf Papier und Entwürfe für den öffentlichen Raum: Vom Probierblatt zum Kosmos

Einst träumte ich davon, dass die Striche der Zeichnung nicht nur den Baum oder Menschen oder die Landschaft darstellen, sondern unabhängig vom Gegenstand eine eigene Welt, eine Strichwelt...“ (1) Eigentlich lastet das malerische Spätwerk Max Weilers auf seinem Gesamtoeuvre. Denn dass er ein genialer und einer der bedeutendsten Zeichner seiner Generation und Schöpfer zahlreicher Werke im öffentlichen Raum war, wird allzu gern übersehen. Nicht einmal die Ausstellung in der Albertina „Max Weiler. Der Zeichner“ von 2011, in der bis zu zehn Meter lange Zeichnungen zu sehen waren, konnte das Image Max Weilers als Meister dekorativer, naturnaher Gemälde nachhaltig beeinflussen. Nachdem nun die Demontage von Weilers 28 Meter langen Friesen im Stadtsaal Innsbruck bevorsteht, engagierte Klaus Thoman den avancierten Kenner von Weilers Werk, Edelbert Köb, als Kurator um in seiner Innsbrucker Galerie dieser den Künstler weit unterschätzenden Tendenz eine prägnant zusammengestellte Ausstellung entgegenzusetzen. Signifikante Entwürfe zu den Glasfenstern in der Kirche Maria am Gestade in Innsbruck-Sieglanger (1961/62) und zu den Friesen im Stadtsaal (1954-60) werden präsentiert. Sie sind nicht nur eindrucksvolle Modelle der Spontaneität und Ursprünglichkeit des künstlerischen Einfalls, sondern auch historisches Zeugnis eines künstlerischen Vermächtnisses von überregionaler Bedeutung. Es wäre schön, wenn die Arbeiten nicht in einer privaten, sondern in einer öffentlichen Sammlung auf Dauer und zur permanenten Besichtigung verbleiben würden. Um den zentral positionierten farbkräftigen Entwurf für den Eisernen Vorhang im Tiroler Landestheater in Innsbruck (1967) gruppierte Edelbert Köb Monotypien und Zeichnungen aus dem Zeitabschnitt 1952 bis 1983. Die Selektion hebt mit symbolistischen Monotypien von 1952 an, zeigt die Lösung vom Figurativen mit dem Zyklus der Verwandlungen (1957), in welchen die Bildmitte mit einem gerissenen Loch kraftvoll entleert und durch farbige Hinterlegung als doppelbödiges Zentrum wiederum aktiviert wird, während die gezeichneten scharfkantigen Elemente von außen in die Bildfläche dringen. Weilers Phasen vom Figurativen, Informellen und zunehmend Abstrakten werden nachvollziehbar, dabei ist eine ungebrochene Authentizität durchgehend präsent. Stets hat Weiler in Serien mit kompositorischen, mit formalen und formalistischen Problematiken gerungen, um sich von etwas Erreichtem zu lösen und Neues zu entwickeln. Auch das Gestische arbeitete er in einem Rausch des farbigen Pinselzuges durch (in dem Aufsehen erregenden monumentalen Zyklus Als alle Dinge...) – um es nach kurzer Zeit wieder abzulegen. Aus dieser Werkphase hängt bei Thoman das impulsive Blatt Als alle Dinge..., Blau (1961). Wie Edelbert Köb aus seinem eingehenden Studium der Tagebuchaufzeichnungen Weilers referiert, hat die Einsicht, er habe die Natur verloren, ihn schließlich auf seinen ureigensten Kosmos zurückgeworfen. Er fand ihn in seinen Probierblättern, auf denen er seine Eitempera angerührt und Farben und Farbspiele getestet hatte. Er stieß auf Figurationen, die ihm eine Erkenntnis offenbarten, nämlich die Natur der Farbe, verbunden mit dem von ihm selbst herbeigeführten Zufall der Mischungen und Striche, sie offenbarten sich als Landschaften, die sich „wie“ Naturlandschaften darboten – als seine eigene Natur. Weiler extrahierte die essentiellen Ausschnitte aus den Probierblättern und transferierte sie ins große Maß. Dieser Kosmos beinhaltet das Universum, die Natur, das nie auszuschließende Prinzip des Zufalls als Mittelpunkt den Menschen an sich, sowie das Individuum Weiler als schöpfender Künstler. Figurative Suggestionen wohnen dem symbiotischen Gebilde gleichermaßen inne, aber nicht ursächlich oder beabsichtigt. Malerei und Zeichnung sind in Weilers Werk untrennbar miteinander verbunden. In den einzelnen Werken schließen sie sich zu einem verschlungenen Erscheinungsbild. Die Bleistiftspuren auf den Gemälden sind vor und nach dem farbigen Pinselstrich gesetzt, genauso referenzieren die reinen Zeichnungen die Farbspuren der Probierblätter und haben zunehmend malerischen Charakter. Exemplarisch für die Vielfältigkeit und den Formenreichtum des reifen zeichnerischen Werks sei die Regenwolke (1979) erwähnt. Die grafische Struktur ist reich in der Differenzierung, die atmosphärische Fleckenhaftigkeit der Kohle birgt eine ganze Skala von Licht und Farbigkeit. In den feinsinnigen Nuancen drängt sich die Vorstellung eines wachsenden Naturgeschehens subtil nach vorne. Es ist allerdings die reine Hervorbringung eines Kunstbildes, das „Gebilde“ Max Weilers. -- (1) zitiert nach Michael Semff, in: Max Weiler, Der Zeichner, Ausstellungskatalog Albertina 2011, Seite 13.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Max Weiler (1910 – 2001) - Arbeiten auf Papier und Entwürfe für den öffentlichen Raum
27.06 - 06.09.2014

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman
6020 Innsbruck, Maria-Theresien Straße 34
Tel: +43-1-512 -57 57 85, Fax: +43-1-512 -57 57 85 13
Email: galerie@galeriethoman.com
http://www.galeriethoman.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 12-14 h


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