Werbung
,

Eva Kotátková - Anatomical Orchestra: Archäologin des Dada

Maßgeschneidert für den schwierigen Schinkel Pavillon hat Eva Kotátková (*1982 in Prag) eine runde, schwarze Bühne für den polygonalen Raum konzipiert: Ort für Aktionen und Sockel der dafür erfundenen Objekte zugleich. Mehr oder weniger deutlich sind sie als Musikinstrumente zu erkennen, die ihr eigentliches Leben erst in der Handlung entfalten, die Kotátková als Performances realisiert. Diese Instrumente sind Ersatzteile und mediale Erweiterung des menschlichen Körpers in einem, der die wesentliche Bezugsgröße ihrer Arbeiten bildet. Materiell, formal und farblich bilden diese Arbeiten eine Einheit in ihren Arrangements, die keiner explizit nachvollziehbaren Logik folgen. Metall und Stoff, teils gekoppelt mit gefundenen Objekten, changieren zwischen Grau, Schwarz und Weiß. Mit Schreibmaschine geschriebene Texte und Collagen erweitern anekdotisch und assoziativ das Deutungsfeld und verstärken mit ihrer Low Tech-Ästhetik den unübersehbar nostalgischen Zug, dessen historische Wurzeln fraglos im Dada liegen. Kotátková schließt nicht nur formal an Dada an, sondern auch an dessen kritische Dimension hinsichtlich der Wechselbeziehung zwischen Gesellschaft und Individuum und der prägenden Kraft ihres materiellen, körperbezogenen Ausdrucks. Allerdings befremdet die Verschiebung – der als Problematik begriffenen existenziellen Prägung des Menschen durch seine instrumentalen Strategien – in einen komplett historischen Bildraum. Die nostalgische Patina, die insbesondere dem Bildfundus aus der Mitte des 20. Jahrhunderts entspringt, verwandelt Kotátkovás Installation in ein Chiffre für Sehnsucht nach einer verlorenen Zeit. Gegen diesen Romantizismus, der in der jüngeren Künstlergeneration virulent ist, ließe sich allerdings argumentieren, dass Kotátkovás Vorgehensweise quasi archäologischer Art ist. Tatsächlich oszillieren mögliche theoretische Bezüge irgendwo zwischen Sigmund Freud, Siegfried Kracauer und Marshall McLuhan. Objektbehaftet und durch die Kunst gespiegelt schwingt da dann auch eine fetischistische Note mit und führt mitten hinein in die maschinelle Erotik Marcel Duchamps und Francis Picabias, die man in manchen Skulpturen Kotátkovás zitiert zu finden meint.
Mehr Texte von Thomas W. Kuhn

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Eva Kotátková - Anatomical Orchestra
31.05 - 20.07.2014

Schinkel Pavillon
10117 Berlin, Oberwallstraße 1
Tel: +49 30 208 86 444
Email: info@schinkelpavillon.de
http://www.schinkelpavillon.de
Öffnungszeiten: Fr - So 12:00 - 18:00


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: