Kolumba
Am jetzigen Montag erhält das Kunstmuseum der Erzdiözese Köln den Museumspreis, den die deutsche Sektion der AICA mittlerweile zum neunten Mal vergibt. 2012 war die Auszeichnung eines „Museums des Jahres“ an das Frankfurter Städel gegangen, das gerade im Souterrain seinen Neubau für Zeitgenössisches eröffnet hatte. Davor hatte es das Museum für Gegenwartskunst in Siegen getroffen, die Kunstsammlungen Chemnitz und das Leverkusener Schloss Morsbroich. Des weiteren wird auch eine Präsentation gekürt, dieses Mal ist es „Kairo. Offene Stadt“ des Folkwang in Essen. Und es gibt eine Zusatzgratifikation für die „Besondere Ausstellung“, die diesmal an das Museum Abteiberg in Mönchengladbach anlässlich von „Lonelyfingers – Konversationsstücke“ geht. Eine gewisse Prädisposition für das Rheinland ist den Kunstkritikern der AICA nicht abzusprechen. Aber ihr Verein ist ja auch beim Amtsgericht Köln eingetragen.
Kolumba. Keiner wird bezweifeln, dass die Wahl so richtig wie sogar schon ein wenig überfällig war. Im September 2007 ist die Kunstkollektion des bedeutendsten deutschen Bistums in den Neubau gezogen, den Peter Zumthor geplant hatte. Der ist so etwas wie ein Künstlerarchitekt. Sein Kubus in Bregenz mag noch ein avanciertes, generalisiertes, globalisiertes Beispiel von Kulturbau abgegeben haben. Spätestens mit seiner Bruder-Klaus-Kapelle in Wachendorf, knapp 50 Kilometer südlich von Köln, hat sich Zumthor aber ins rheinische Kunstkollektiv eingeschrieben.
Als wärs ein Stück von Beuys, glänzt das Steinguss-Feuer-Zelt in individueller Mythologie. Im Mai 2007 eröffnet, hat die Kapelle perfekte Vorarbeit geleistet für jene theatralische Innerlichkeit, wie sie im Kolumba-Museum ganz bei sich ist und wie sie insgesamt der Katholizismus, jedenfalls bisweilen, verkörpert.
Kolumba, Köln, Foto: Hpschaefer
Die AICA hat in ihrer Begründung denn auch das Fehlen gewisser Begleiterscheinungen hervorgehoben, wie sie ansonsten bei Museen dazugehören. Es gibt kein Restaurant für den Lunch der Umliegenden und keinen Book Shop, nicht einmal für das Kölner Zentralgestirn Walther König; es gibt keine Beschilderungen, sondern einen meistens instruktiven Kurzführer, und es gibt keine ständige, sondern eine turnusmäßig wechselnde Präsentation, in der sich das Alte, allen voran Stefan Lochners „Madonna mit dem Veilchen“, auf Gegenwärtiges stets anders einlässt. Für mich findet die einschlägigste Geste allerdings im Erdgeschoss statt. Dort hat Zumthor die Ruinen überbaut, die von der namengebenden Kirche aus dem Mittelalter übrig geblieben sind. Es ist ein Trümmerfeld, nebenan hat die Nachkriegszeit, immerhin in Gestalt von Gottfried Böhm, versucht, eine Notunterkunft für das unbehauste Kultbild der Madonna zu errichten. Zumthor hat alles nun zu einer Art archäologischem Park zusammengefasst und über eine Brücke zugänglich gemacht. Die hat es in sich: Mit ihrem schrillen Zickzack gemahnt sie unvermeidlich an Daniel Libeskinds Jüdisches Museum, es ist eine Grundrissfigur nur, zaghaft und zitathaft, und dabei in aller Vorsicht sehr sprechend.
Kolumba, Köln, Foto: Hess Timber
Auch der katholische Glaube, so scheint sie sagen zu wollen, hat gelitten. Auch hier gibt es Versehrtheiten, und vieles ist zugrunde gegangen, von dem nur vage Spuren blieben. In Kolumba wird ein genuines Recht auf Erinnerungsarbeit reklamiert. Das mag angesichts dessen, was den Juden widerfuhr, dreist sein. Darin betont es aber auch eine eigene Souveränität. Eine solche Überzeugtheit von sich, von seiner Anhaltendheit und von den Wechselfällen an Bedeutung kann sich die Kirche nur in Köln leisten – in der katholischsten Stadt Deutschlands.