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Elfriede Mejchar, Flora Zimmeter: Die Frauenzimmer: Kritisch reflexive Puppen

Betritt man die Räumlichkeiten des Kunstraums Arcade in Mödling, so wird einem sofort klar: bei den gezeigten Werken der beiden Künstlerinnen handelt es sich um zwei völlig verschiedene Generationen und Zugänge zu ein und dem selben, immer wieder spannenden Thema – der Darstellung von Frauen in der Kunst. Hier liegt an sich schon der Knackpunkt dieser Schau, denn wären ausschließlich Männer auf den Bildern zu sehen, würde niemand eben diesen Fakt sofort als Thema einer Ausstellung identifizieren. Vielmehr würden wahrscheinlich völlig andere Gemeinsamkeiten in den Bildern gesucht und gefunden werden. Mit eben jenen Stereotypen in der Darstellung von Frauen spielen die beiden KünstlerInnen auf jeweils sehr spannende und für ihre Generation bezeichnende Weise. Die bereits 90-jährige Elfriede Mejchar überzeugt mit souverän komponierten, klassischen Schwarz-Weiß-Fotografien, in denen eine unglaublich stark und präsent wirkende junge Frau eine kopflose Puppe aus dem späten 19. Jahrhundert in verschieden Posen hält. Die Spannung dieser Bilder liegt in dem Aufeinandertreffen der wehr- und kopflosen Puppe und der selbstbewussten, sich ihrer Kraft und Eigenständigkeit sicheren jungen Frau, welche die Puppe liebevoll schützend und stützend hält. Wie die unterschiedlichen Frauenbilder, so werden hier auch Vergangenheit und Gegenwart kontrastiert. Selten wurde so deutlich und präzise in Bildern die enorme Distanz gezeigt, welche dieses eine Jahrhundert ausmacht. Hier wird deutlich spürbar, dass die Künstlerin sowohl die Lebenswelt ihrer Mutter – von der die Puppe stammt – als auch die der vielleicht 25-jährigen Frau auf ihren Fotos kennt und versteht, wiewohl beide nicht ihre eigene sind. Flora Zimmeter hingegen schafft es mit ihren C-Prints, die klassische Meisterwerke der Malerei zitierend, auf humorvoll verspielte Weise die Rollen und Idealbilder von Weiblichkeit in der Kunstgeschichte von Botticelli bis Valie Export zu thematisieren. Dabei stellt die Künstlerin (einem einschlägig gebildeten Publikum) bekannte Bilder mit Kunststoffpuppen aus den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts nach. Diese Fotos können als spannendes Ratespiel um die Suche nach dem zugrunde liegenden Vorbild verstanden werden, was zeigt, wie tief die hier verhandelten Klischees in unserem kollektiven Gedächtnis verankert sind. Dass die extrem reduzierten und alles andere als detailreichen Arbeiten dennoch so etwas wie die Essenz der dahinter liegenden Sujets zu vermitteln vermögen, zeigt sich besonders gut bei Edgar Degas berühmter Ballettszene. Diese Ausstellung beweist, dass sich der Besuch von Ausstellungen außerhalb der einschlägigen Kunstzentren – wie in diesem Fall des Kunstraums Arcade in Mödling – durchaus lohnt, zumal es gerade an solchen Orten oft weniger bekannte, aber umso spannendere KünstlerInnen zu entdecken gibt.
Mehr Texte von Wolfgang Pichler

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Elfriede Mejchar, Flora Zimmeter: Die Frauenzimmer
13.04 - 17.05.2014

Kunstraum Arcade
2340 Mödling, Hauptstraße 79 (Beethovenhaus)
Tel: +43 2236 86 94 57
Email: arcade@artprint.at
http://www.kunstraumarcade.at
Öffnungszeiten: Fr 15–18, Sa 10–13 & 14 – 17 h


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