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Dieter Appelt - Fig. 3 Memory Trace / Gordon Matta-Clark - Films: Mit Kettensäge und Leintuch

Für einen Besuch in der Galerie Thomas Schulte sollte man viel Zeit einplanen. Nicht unbedingt für „Fig. 3 Erinnerungsspur“ im grandiosen verglasten Eckraum; die hat Dieter Appelt schon investiert. Mit der Idee zu der monumentalen Skulptur ging er schon seit vielen Jahren schwanger. Jetzt hat er das fünf Meter hohe Gerüst aus leinenumwickelten Buchenästen eigens für diesen Ort geschaffen. Dazu gehört eine große Wandzeichnung, die in der Fläche aufnimmt, was die Skulptur an Rhythmus, Dynamik und Brechung in den Raum stellt. Appelt spricht von einer „kontrapunktisch orchestrierten Skulptur“. Das Gitterartige der Appeltschen Strukturen und ihr Eingriff in die Landschaft passt zu der gleichzeitig laufenden Präsentation der Filme von Gordon Matta-Clark, der nicht zuletzt durch das Herausschneiden skulpturaler Formen aus Häusern bekannt wurde. In dem 44-minütigen Film „Office Baroque“ wird Matta-Clarks Eingriff in das leerstehende Gebäude in Brüssel dokumentiert. Der Zuschauer wird Zeuge, wie der Künstler zusammen mit Bauarbeitern das Haus ausweidet und mit Abrissbagger und Motorsäge imaginäre Zylinder und andere geometrische Figuren hineinschiebt. In anderen Filmen dringt er in die unterirdischen Eingeweide von Paris oder New York, folgt den verwinkelten Gängen und Schächten erkundet so die Struktur der Städte wie er die Struktur der Behausungen über Tage seziert. Ein anderes bekanntes Video ist „Clockshower“ von 1974, in dem Matta-Clark einen Uhrturm in Manhattan erklommen hat, an dessen Uhr ein Schlauch befestigt ist, den der Künstler zum Duschen und Zähneputzen benutzt, um dann auch noch einen Zeiger anzuhalten, als ließe sich dadaurch die Zeit selbst zum Stillstand bringen. Dass der Zuschauer dabei an Harold Lloyds aberwitzigen Stunt an einer Wolkenkratzer-Uhr denken muss, ist sicher kein Zufall. Die Arbeit mit der an alltäglichen Verrichtungen orientierten Performance ist im Gegensatz zu den Filmen dokumentarischen Charakters eher als eigenständiges Werk zu sehen, worauf schon die relativ kurze Dauer von 13 Minuten 50 Sekunden hindeutet. Wer alle 19 Filme sehen will, kann sich auf einen kompletten Arbeitstag einrichten.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Dieter Appelt - Fig. 3 Memory Trace / Gordon Matta-Clark - Films
05.04 - 17.05.2014

Galerie Thomas Schulte
10117 Berlin, Charlottenstrasse 24
Tel: +49 30 206 08 99 0, Fax: +49 30 206 08 99 10
Email: mail@galeriethomasschulte.de
http://www.galeriethomasschulte.de


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