Werbung
,

Thew Armory Show: Up and running

New York läuft wieder. Das Wetter ist zwar einigermaßen gruselig, doch der befürchtete Schneesturm ist ausgeblieben. Viel wichtiger aber für die Armory Show: Die New Yorker kaufen wieder Kunst. Die Stimmung unter den Ausstellern ist am Eröffnungstag spürbar gehoben. Das sehr vorsichtig gesetzte Angebot - überall Flachware, kaum raumgreifende Skulptur, praktisch keine Videos - findet zahlreich fast ausschließlich US-amerikanische Käufer. Dass einige der ganz großen Galerien der Messe nach wie vor die kalte Schulter zeigen, ist für die Besucher möglicherweise sogar eher angenehm, bleibt ihnen doch so ein Aufguss des immer Gleichen erspart. Unter den nicht ganz so großmächtigen Branchenvertretern hat sich hingegen bereits herumgesprochen, dass die Armory Show einem deutlichen Aufwärtstrend folgen soll. Die Gebrüder Lehmann aus Berlin und Dresden haben sich nach siebenjähriger Abstinenz wieder zur Teilnahme entschlossen, "weil wir gemerkt haben, dass die amerikanischen Sammler wieder kaufen." Neben ihrem gewohnten Programm geben sie dem 78-jährigen Japaner Keiichi Tanaami ein Forum. Der Künstler hatte die USA in den späten 60er Jahren bereist. Das sieht man seinen Collagen aus den Jahren 1968 bis 1975 sehr deutlich an, die Elemente aus asiatischer wie westlicher Kunstgeschichte und Alltagskultur zu einer ganz eigenen Handschrift mischen. Sogar Ursula Krinzinger aus Wien ist wieder mal mit dabei. Sie teilt sich eine Solopräsentation von Zhang Dings "Orbit" mit ShangArt aus Schanghai in der Sektion Focus China, die ansonsten vor allem durch Buntheit auffällt. Interessanter ist die andere Sondersektion, die unter der Überschrift "Armory presents" One Artist Shows versammelt. Hier stellen auch BolteLang aus Zürich Gemälde von Thomas Raat aus. Anna Bolte weiß von der Messe nur Gutes zu berichten: "Wir haben jetzt drei Messen in New York durch. Die anderen mögen zwar hip und trendy sein. Aber verkauft wird hier." Hales Gallery aus London setzt auf einen bewährten Unbekannten: der 80-jährige Frank Bowling aus Guayana war auch letztes Jahr ihr Zugpferd, da jedoch mit Arbeiten aus den 60ern. Jetzt sind am Stand mehrere neuere Bilder zu sehen, in denen sich der Künstler mit seiner Vorstellung vom Wasserfall eines Flusses in seiner Heimat auseinandersetzt, von dem er nur die Mündung kennt und den er seit Jahrzehnten immer wieder malt (20.000 bis 80.000 GBP). Thaddäus Ropac aus Salzburg und Paris ist begeistert. Der Galerist hatte zwei Jahre ausgesetzt, als Besucher aber auf der letzten Ausgabe alle wichtigen Sammler gesehen und daher beschlossen, wieder teilzunehmen. An der Stelle, die letztes Jahr Gagosian belegte, sind jetzt Werke von Tony Cragg (1 Mio. USD, verkauft), Georg Baselitz (660.000 USD, verkauft), Jack Pierson (175.000 USD, verkauft) oder Tom Sachs (200.000 USD, verkauft) zu sehen. Eine der wenigen Video-Arbeiten ist die Ein Kanal-Version des griechischen Biennale-Beitrags "History Zero" von Stefanos Tsivopoulos bei Kalfayan aus Athen (Auflage 7, 30.000 USD). Wie immer weit vorne in dem der Moderne und Nachkriegskunst gewidmeten Pier 92 prominent platziert, präsentiert die Galerie Thomas aus München ihr hochpreisiges Segment. Blickfang ist dieses Jahr eine großformatige graue Vermalung von Gerhard Richter aus den 70er Jahren. Beim gegenwärtigen Überbietungswettbewerb für Werke des Künstlers erscheint der Preis im mittleren Millionen Dollar-Bereich sogar noch relativ moderat - aschgrau, fahlgrau, mausgrau ist halt nicht jedermanns Sache. Allerdings waren Werke aus dieser Serie vor noch nicht allzu langer Zeit für ein Zehntel zu haben. Selbst bearbeitete Auflagenarbeiten auf Papier kosten mittlerweile sechsstellige Beträge und sind an mehreren Ständen im Angebot. Im Verhältnis etwas preiswerter ist die kleine zweiteilige Arbeit aus der Serie "Anima Mundi" von Imi Knoebel (52.000 USD), die schon mittags zur Eröffnung in den Besitz eines New Yorkers wechselte. Mittendrin und vorerst als solche gar nicht erkenntlich, überrascht eine kleine Sonderschau "Venus drawn out: 20th century works by great women artists". Die Papierarbeiten wurden von den Ausstellern beigesteuert und sind daher verkäuflich. Lygia Clarke, Dadamaino, Helen Frankenthaler oder Louise Bourgeois, insgesamt 42 Namen - die Auswahl ist breit und ansprechend. Für die Preise, die wohl zumeist im mittleren fünfstelligen Bereich liegen, verweist die Kuratorin auf die jeweiligen Galerien. Die Mayoral Galeria d'Arte aus Barcelona ist zum ersten Mal angereist, mit Dali, Miro und anderen Helden der spanischen Kunstgeschichte. Das hat sich auf Anhieb ausgezahlt. Schon in der ersten Stunde ging eine aquarellierte Zeichnung von Salvador Dalì an einen New Yorker Sammler (Preisschild 250.000 USD). "Wir wollen uns stärker dem amerikanischen Kontinent widmen und machen hier drei Messen dieses Jahr", erklärt Jordi Mayoral. Da die von der ADAA organisierte Art Show in der Armory deren Mitgliedern vorbehalten ist, bleibt ausländischen Kunsthändlern praktisch keine andere Wahl als Pier 92 der Armory Show. Vor diesem Hintergrund erstaunt der geringe Anteil auswärtiger Aussteller dann allerdings doch etwas. Jörg Maass aus Berlin ist ebenfalls zum ersten Mal dabei, nachdem er die Papiersektion der Tefaf in Maastricht wegen anhaltender Erfolglosigkeit aufgegeben hat. Mit seinen deutschen Expressionisten hofft er sich hier besser aufgehoben. "Die meisten meiner Kunden sind sowieso Amerikaner und die freuen sich, wenn ich im Frühjahr auch nochmal hier bin", erklärt er. Eine Wand hat er dann aber doch freigehalten für US-amerikanische Nachkriegskünstler, die den hinteren Bereich der Halle dominieren. In diesem Teil sieht es nicht mehr ganz so schlimm aus wie in den Vorjahren, jedoch fällt auf, wie kleinteilig das Angebot bei den großen Namen geworden ist. Kapitale Arbeiten stammen fast ausschließlich von Künstlern aus zweiten oder dritten Reihe. Dagegen muss man immer wieder staunen, dass italienische Aussteller wie Mazzoleni (Turin) oder Repetto (Mailand) es jedesmal aufs Neue schaffen, Leinwandarbeiten von Lucio Fontana oder Agostino Bonalumi aufzubieten. Der eingeschlagene Kurs der Armory Show scheint auf breite Zustimmung zu stoßen. Und da die Umsätze auch wieder anziehen, dürften die zahlreich angereisten Vertreter der Großgalerien eine zukünftige Teilnahme vielleicht doch wieder ernsthafter in Erwägung ziehen.
Mehr Texte von Stefan Kobel

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Thew Armory Show
06 - 09.03.2014

Armory Show
10019 New York, Piers 88 und 90
http://www.thearmoryshow.com


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: