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Königshaus

Die letzten Tage machte ein besonders apartes Porträt die Runde, auf dem sich das dänische Königshaus in die Kunstgeschichte eingeschrieben hat. Auf 220 mal 220 Zentimeter haben sich knapp unterlebensgroß die Königin Margarethe und ihr Gemahl Henrik leger aufs in dezentem Rokoko gehaltene Sofa postiert, sie sitzen, denn sie sind nicht mehr die Jüngsten. Um sie herum steht dann die Zukunft des Hauses, links der Thronfolger Frederik mit Prinzessin Mary, jeweils ein Kind auf dem Arm, rechts der Prinz Joachim mit seiner – hört, hört, bereits zweiten – Frau, die Marie mit -ie heißt, und insgesamt einer opulenten Schar weiterer Sprösslinge der herrschaftlichen Linie. Ganz vorne, mittig platziert, in einer Art Bedeutungsperspektive zustätzlich akzentuiert ein Achtjähriger im braunen Anzug, es ist Christian, irgendwie steht er über den Dingen, und der rote Turm aus Lego-Steinen, der farbecht gewissen Erfolgen der nationalen Wirtschaft Ausdruck verleiht, muss ohne ihn fertig werden. © Bild: Thomas Kluge: The Royal Family – Photo: Evan Frederiksen „Er darf nicht spielen wie die anderen Kinder, weil er eine Bürde auf seinen Schultern trägt: die Verpflichtung, das Königshaus weiterzuführen.“ Der Porträtist hat das zu Protokoll gegeben, Thomas Kluge, geboren 1969, Maler und laut dänischem Wikipedia ein Vertreter, wenn ich es richtig verstehe, des Neuen Realismus. Das kann man so sagen, in ziseliertester Feinmotorik hat er die Konterfeis auf die Leinwand übersetzt, in dreijähriger Arbeit, nachdem er sich bereits 1995 an der Einzelansicht der Königin, die ja auch selbst bildnerisch tätig ist, bewähren durfte. Caravaggio sei sein Vorbild, sagt Kluge, die Süddeutsche Zeitung sah einen „Hauch von Neo Rauch“, unsereiner fühlt sich an Matthias Koeppel erinnert, den Künstler-Dichter, der das „Starckdeutsch“ prägte. Kluge macht daraus, sagen wir, ein Starckdänisch. Nicht ganz glücklich ist die internationale Hof-Berichterstattung mit dem Werk. Wie immer, wenn es um Kunst geht, fällt dann ausgerechnet der Journaille, für die sich Tiefe immer schon auf Triefe reimte, das Wort Kitsch ein. Einschlägigerweise ist Margarethe direkt mit dem englischen Königshaus verwandt, und zwar über ihre Großmutter Margaret of Connaught, und sie wird sich gedacht haben, nicht so etwas Langweiliges wie die Großcousine. Die Queen hat sich ja 2011 samt Prinzgemahl zum momentan ultimativen Staatsporträt gefügt und das niemand anderem als einem deutschen Greenhorn auf dem Gebiet übertragen lassen. Thomas Struth, Serialist, Becher-Schüler, Architekturfotograf, hat das Royal Couple also in Szene gesetzt, die Pilaster von Buckingham ruhen auf der königlichen Schulter, als müsste man Tizian nachmachen, und es gibt auch so ein Sofa, wie es die Dänen benutzen. Bei Struth steht es schräg, so dass Philipp in leichtes Hintertreffen geraten ist, als müsste man das nach absolviertem diamantenen Thron- und anstehendem eisernen Hochzeitsjubiläum noch betonen. Dann jedenfalls lieber Kluge. Der Präzedenzfall ist sowieso 200 Jahre älter. Bis heute ist Goyas Familienstelldichein unübertroffen, zu dem er den spanischen König Karl IV. und seine Hohen und Höchsten Anverwandten antreten ließ. Die Herr- und Damenschaften blicken mit einer solch niederschmetternden Dämlichkeit aus der Wäsche, dass man sich fragt, wie um alles in der monarchischen Welt konnte diese Haupt- und Staatsdarstellung die diversen höfischen Zensuren passieren. Die Antwort ist: Goya hat sie alle einzeln gemalt, ihre jeweiligen Kopfporträts haben sie abgsegnet, und so landeten sie gleichsam hinterrücks im grotesken Ensemble. Als singuläre Erscheinungen, so bringt es Goya auf die Leinwand, mochten sie angehen, erst als Dynastie waren sie unausstehlich. Ob Kluge das auch so sieht? Francisco Jose de Goya, Die Familie Karls IV
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Royal Tenenbaums
Markus Proschek | 25.11.2013 02:07 | antworten
Mich erinnert das Bild auch an eine andere Familie: http://1morefilmblog.com/wordpress/wp-content/uploads/2011/03/royalt.jpg

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