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Francesca Woodman - Werke aus der SAMMLUNG VERBUND: Keine offene Tür in diesem Zimmer

Die Sammlung Verbund zeigt derzeit in der Vertikalen Galerie in ihrem Haupthaus am Hof in Wien die Arbeiten der US-Amerikanerin Francesca Woodman. Die Sammlung Verbund hat kontinuierlich Arbeiten der 1981 verstorbenen Fotografin angekauft und besitzt mit 79 Objekten die größte Sammlung nach der Familie der Künstlerin. Diese breite Sammlungstätigkeit erlaubt dem Besucher, sich ein umfassendes Bild über das Oeuvre Francesca Woodmanns zu machen. 1958 in Denver Colorado in ein musisch-künstlerisches Elternhaus geboren, spielt Woodman Klavier und studiert an der Rhode Island School of Design. Mit 13 Jahren macht sie ihr erstes fotografisches Selbstporträt. Die Eltern verfügen über ein Haus in der Nähe von Florenz wo Woodman ihre Sommermonate verbringt. Sie spricht fließend italienisch. 1978 folgt ein Aufenthalt in Rom, wo sie in der Galerie Libreria Maldoro eine ihrer drei Einzelausstellungen hat. Zurückgekehrt nach Amerika zieht sie nach New York, wo sie weiter in ihrem Wohnatelier vornehmlich sich selbst in unterschiedlichen Posen fotografiert. Im Herbst 1980 misslingt ihr ein erster Suizidversuch. Sie gibt ihre Wohnung auf zieht zu ihren Eltern. Kurze Zeit später veröffentlicht sie ein Künstlerbuch. 1981 springt sie 22-jährig von einem Hochhaus in den Tod. Ihr nur neun Jahre umfassendes Oeuvre abseits dieses gewaltsamen Todes zu betrachten, erscheint fast unmöglich. Die beiden Kuratorinnen, Gabriele Schor und Elisabeth Bronfen, wollen aber genau dies wagen und sich von Teilen der herkömmlichen Literatur absetzen. Woodman gehört wie Cindy Sherman, Hannah Wilke, Birgit Jürgenssen und Ana Mendieta – um hier nur die bekanntesten zu nennen – zu jener Generation von Frauen, die versuchten die männlichen Einschreibungen und Inbesitznahmen ihres Körper bewusst zu machen und sie zu tilgen. Sie wollten vom (sexual, decorations...-) Objekt zum (handelnden) Subjekt werden.1) Und sie entwickelten einen eigenen künstlerischen Ausdruck, der diese Spannungen thematisiert, jede auf ihre eigene Art und Weise. Während es bei Cindy Sherman die „Verwandlung“ mit dem Selbstauslöser in der Hand ist, ist es bei Birgit Jürgenssen oftmals die Zeichnung mit der sie an Hand von kunstvollen Prothesen am Kopf der Dargestellten, die strukturelle Gewalt ausdrückt, der eine Frau ausgesetzt ist. Bei Francesca Woodman hingegen ist es eine stetige Selbstbefragung anhand ihres nackten Körpers und bestimmter Requisiten, wie Handschuhe, Tücher, Folien, Spiegel u.a. mehr. Der Raum, den das fotografierte Objekte dabei einnimmt, wird von Woodman oftmals arrangiert. Aus dem umfassenden Katalog erfährt man, dass das Atelier von Woodman – auch das frühe in Providence – ein Treffpunkt für Freundinnen war und dass fotografische Aufnahmen auch in einer gewissen Partylaune entstanden. Eine Freundin beschreibt, dass es Woodman gelang, Menschen so im Raum zu arrangieren, dass sie aussahen wie sie selbst und sie dann fotografierte. Wer die Dargestellte ist, kann also oft nicht eindeutig festgestellt werden. Bei Woodman kommt hinzu, dass Sie sich selbst mit ihrem oftmals nacktem Körper als Modell ihrem eigenen Kameraauge auslieferte. Es gab also kaum eine Schutzhülle wie bei anderen Künstlerinnen, vor dieser „peinlichen“ Befragung. In diesem Zusammenhang sei hier noch auf ein selten gezeigtes Video verwiesen, das in der Vertikalen Galerie zu sehen ist. Es zeigt Woodman in einem Mantel und hochhackigen Stiefeln in der Ecke eines Raumes, nahe beim Fenster. Ein Stuhl dient als Ablage für Mantel und Schuhe. In der nächsten Sequenz streicht Woodman eine nicht klar erkennbare zähe Masse auf ihren Körper. Dann legt Sie mit ihrem Körper die Ecke aus. Im nächsten Bild sieht man einen bemehlten Boden auf dem Woodman liegt. Sie erhebt sich und geht aus dem Bild. Zurück bleibt ein Abdruck am Boden. Es gibt aus demselben Jahr 1976 ein Bild, auf dem Woodman nackt und etwas verloren auf einen Sessel vor diesem Abdruck sitzt, kindliche Riemchenschuhe an ihren Füßen. Die Ausstellung versucht, eine große Hoffnung der amerikanischen weiblichen Fotografie der Siebziger Jahre zu porträtieren. Es ist eine einmalige Gelegenheit die Arbeitweise und Arrangements dieser Künstlerin zu studieren. Aber es bleibt ein trauriger Rest, angesichts des unnötigen abrupten Endes dieser bemerkenswerten künstlerischen Handschrift. -- 1) John Berger veröffentlichte 1972, den Aufsatz „The Way of Seeing“ indem er über das begrenzte Territorium einer Frau schreibt, das ihr der männliche Blick zuweist. Und die daraus erfolgte Spaltung der Frau, die sich selbst ständig mit männlichem Blick kontrolliert. Sie hat keine Möglichkeit zum Sein.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Francesca Woodman - Werke aus der SAMMLUNG VERBUND
30.01 - 21.05.2014

Vertikale Galerie in der Verbund-Zentrale
1010 Wien, Am Hof 6a
Tel: +43 5 03130
Email: sammlung@verbund.com
http://www.verbund.com/sammlung
Öffnungszeiten: Die Ausstellung ist jeden Mittwoch um 18:30 Uhr und jeden Freitag um 16:00 Uhr im Rahmen eines kostenlosen Rundgangs gegen Voranmeldung zu besichtigen (ausgenommen Feiertage). Anmeldung unter sammlung@verbund.com oder +43 50 313-500 44.


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