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Fiac 2013: Entdeckungsparcours für emanzipierte Sammler

Licht und Luft durchfluten das Grand Palais zur Eröffnung der Fiac, dezentes Stimmengewirr verliert sich in den Weiten der majestätischen Glaskuppel. Welch Unterschied zum rumpeligen "Designer"-Zelt der Frieze, die erst drei Tage zuvor zuende gegangen ist. In Paris wird flaniert statt gehetzt. Die Sammler fühlen sich hier offensichtlich wohl. Eine deutsche Galeristin, die beide Veranstaltungen bespielt, hat zwar in London alle wichtigen internationalen Kuratoren gesehen, die Sammler allerdings ein wenig vermisst. Erstere sind gut für die Künstlerkarriere, letztere finanzieren den Messestand. Und im Zweifelsfall ist dem Galeristen das Hemd näher als der Rock. Außerdem sei die Qualität der Kunst hier besser, findet die Galeristin. Ein Lob, das die Fiac sicher gerne hört. Sie hat sich aber auch gemacht in den letzten Jahren, seit die ehemalige Galeristin Jennifer Flay die abgewirtschaftete Messe 2003 übernommen und mühsam vom Pariser Sumpf befreit hat. Den schleichenden Vorzeichenwechsel hat sogar die Frieze anerkennen müssen. Erstmals seit ihrer Gründung vor über zehn Jahren haben sich deren Direktoren dazu herabgelassen, auf einer Road Show im September in Paris um Sammlergunst zu werben. Die größte Entwicklung hat der Salon d'Honneur gemacht. Der in Höhe der Galerie gelegene Raum wurde nach einer Restaurierung letztes Jahr erstmals zugänglich gemacht und jüngeren, international bereits etablierten Galerien zur Verfügung gestellt. Der erste Versuch war jedoch nicht ganz gelungen. Der jetzt gefundene, klare Hallenplan macht den Raum zum schönsten in einer ohnhehin traumhaften Location. Kadel Willborn aus Düsseldorf dürfen unter anderem hier ausstellen und haben entsprechend aufgefahren. Sie teilen sich Stand und Performance-Künstler Francesco Arena mit der römischen Galerie Monitor. Die haben an ihrer Wandseite Arbeiten des italienischen Minimalisten Claudio Verna mit Preisen um 30.000 Euro, während die Rheinländer Arbeiten von Art & Language zu Preisen bis zu 120.000 Britische Pfund präsentieren - die letzten, die sie noch aus dem Atelier bekommen haben, wie die Galeristin betont. Weiter unten, auf der Spielwiese der Großgalerien, zeichnet Arne Ehmann von der Pariser/Salzburger Galerie Ropac ein differenziertes Bild der beiden Messen: "Paris ist gemächlciher, intellektueller. Hier wird diskutiert, reserviert und später entschieden. In London sind die Banker, die sind entschlussfreudiger." Da weiß man gar nicht so genau, was man sich wünschen soll - den spendablen Trophäenjäger oder den zaudernden Sammler. Jedenfalls dürften beide auf ihre Kosten kommen. Für den einen gibt es zum Beispiel bei Pace aus New York/Peking etc. ein marktfrisches Mobile von Alexander Calder aus dem Jahr 1952 für 20 Mio. US-Dollar, für den anderen die Mülleimer von Klara Lidén bei Neu aus Berlin (20.000 EUR). Paris hat gegenüber Frieze London den Vorteil, dass mit einer Messe beide angesprochen werden können, da hier hochklassige Handelsware und junge Avantgarde angeboten werden. Die findet sich hauptsächlich im Umgang im Obergeschoss und hebt sich wohltuend von der allerorten betriebenen Jagd nach dem nächsten Neuen Markt ab. Zak Branicka aus Berlin zeigen eine kleine Werkschau der 28-jährigen Agnieszka Polska. Die Künstlerin nimmt aktuell an der Istanbul Biennale teil und wird mit Preisen überhäuft. Ihr Werk, das sich vor allem mit vergessenen Künstlern der 60er- und 70er Jahre beschäftigt, scheint den Nerv der Zeit zu treffen und die Risikofreudigkeit der Galeristinnen zu rechtfertigen. Das Museum in San Diego sicherte sich eine der Arbeiten, eine andere geht über eine private Stiftung ebenfalls an ein Museum (Preise zwischen 5.000 und 8.000 Euro). Und vielleicht muss man wirklich nach Paris, um Arbeiten wie die des 2011 verstorbenen deutschen Soundkünstlers Rolf Julius bei Cortex Athletico aus Bordeaux (22.500 Euro) zu entdecken. Die Fiac hat sich augenscheinlich von ihrer Parislastigkeit emanzipiert und sich ein wohltuend westlich-internationales Profil gegeben. Das schätzen vor allem Privatsammler, denen der Turbo-Zirkus in London zu aufgeregt und zu langweilig zugleich ist. Jetzt müssen die Macher nur noch aufpassen, dass sie nicht ebenfalls in dieses im Grunde sturzöde Hochpreis-Top Level-Segment abrutschen.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Fiac 2013
24 - 27.10.2013

FIAC
75000 Paris, Grand Palais
http://www.fiacparis.com


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