Werbung
,

VIENNAFAIR The New Contemporary: Gute Unterhaltung!

Die VIENNAFAIR The New Contemporary geht unter der russischen Führung in die zweite Runde. Die Ausgabe 2013 ist wieder größer, die Schwerpunkte zahlreicher, das Programm dicht gedrängt mit einem Überangebot an Panels, Führungen und Sonderpräsentationen, Diskussionen, Foren, Talks und Specials. Der Fokus ist extrem erweitert, die Brennweite ist allerdings schon ziemlich strapaziert. Die beiden künstlerischen Leiterinnen Christina Steinbrecher–Pfandt und Vita Zaman proklamieren eine Kunst, die von ihrem elitären Standard befreit und auf der Messe einem breiteren Publikum schmackhaft gemacht werden soll. Unter anderem wurde eine „School of Happiness“ kreiert, die ganze VIENNAFAIR 2013 ist wie eine interaktive „School of Happiness“ aufgezogen. Die Proklamation klingt populistisch, aber vielleicht geht die Rechnung auf und die erwünschte neue Käuferschicht stellt sich ein. Die Wiener Galerien–Szene reagiert allerdings kaum auf die ehrgeizigen Ambitionen der Messeleitung. Sie ist nahezu geschlossen auf der VIENNAFAIR präsent und bietet wie ihre Kollegen aus den Bundesländern ihr klassisches Repertoire an. Viktor Bucher (Projektraum Viktor Bucher, Wien) ist wie meistens in der Zone1 zu finden, wo er eine junge Künstlerpersönlichkeit solitär dem internationalen Markt näher bringen will. Diesmal zeigt er die aus Bulgarien stammende Sevda Chkoutova, die auf großem Format in subtiler nuancenreicher Zeichnung persönliche Themen ihrer unmittelbaren Lebensrealität abwickelt, die zwischen Intimität und Öffentlichkeit pendeln, von Sexualität, Mutterschaft und Geschlechterrollen handeln (o.T.; 7.000 €). Rosemarie Schwarzwälder (Galerie nächst St. Stephan, Wien) bietet Arbeiten ihrer Heroen an. Neben einer neunteiligen Serie von Heinrich Dunst, der die Begrifflichkeit von Bild und Sprache an die Grenzen der Materialisierbarkeit treibt (je 7.500 €), hängt ein frühes Werk von Imi Knoebel (o.T.; 33.000 €) und ein feinsinniges Aquarell von Ernst Caramelle. Ursula Krinzinger (Wien) baut ihren Stand während der vier Messetage drei Mal um. Zur Eröffnung bildet sie eine Riege aus etablierten KünstlerInnen ihrer Galerie, z.B. mit Fotoarbeiten von Marina Abramović, Gemälden von Jonathan Meese oder Franz Graf. Vor einem Lambdaprint von Eva Schlegel (Untitled; 16.500 €) sind zwei Skulpturen Gottfried Bechtolds positioniert (Untitled (Panamera); 14.500 €) und Untitled (Elf-Elf); 7.500 €). Mit der Präsentation von jungen KünstlerInnen aus ihrem Artist–in–Residence–Programm lässt Krinzinger dann die VIENNAFAIR 2013 am Sonntag ausklingen. Die Galerie Meyer Kainer (Wien) lässt nun ihre Franz West–Schätze aus dem Sack. Unter anderem sein Modell für den Para–Pavillon auf der Venedig–Biennale 2011, das in komprimierter Form die eigenwillige Künstlerpersönlichkeit Franz Wests sinnbildlich vorstellt. Elisabeth und Klaus Thoman (Innsbruck/Wien) setzen wieder viel auf die Qualität ihrer Bildhauer. Neben der leichter verkäuflichen Flachware bieten sie Skulpturen von Michael Kienzer, Erwin Wurm, Bruno Gironcoli oder Peter Sandbichler an. Eine historistische Vitrine birgt Skulpturengruppen von Thomas Feuerstein („Herbert“ und „“Bocuse“; je 4.800 €). Dessen ironische Verquickung von Kunst und Wissenschaft, Sinnlichkeit und Theorie stellt einen gelungenen Kontrast zum knapp davor positionierten Franz West–Brocken dar, inhaltlich wie formal, und nicht zuletzt in der Preisspanne („West/Brandl“; 85.000 €). Klassisch ist auch das Programm von Nikolaus Ruzicska (Salzburg), darunter aktuelle Arbeiten von Brigitte Kowanz („Glow“; 40.000 € und „Impact“; 32.000 €) und eine Skulptur von Manfred Erjautz („Die Erdung der Praxis“; 18.000 €). Eugen Lendl (Graz) stellt unter anderem ein abstraktes Gemälde von Josef Danner aus, mit dem er 1986 seine Galerie eröffnete („Strange Angel“; 8.000 €). Dass Jakob Gasteiger eigentlich in seinem Oeuvre konsequent durchlaufend auch nicht–gekämmte Bilder schuf, wurde von der Öffentlichkeit nahezu übersehen. Lendl bietet eine großflächige Arbeit Gasteigers aus Seidenpapier und Kohlepapier auf Leinwand an (o.T.; 24.000 €); daneben wieder Skulpturen wie die „Säule mit asymmetrischem Zentrum“ von Markus Wilfling (9.900 €) oder Djawid Borowers „The Artist is Present“ (9.500 €). Aus Überzeugung und trotz des Wissens, unvermeidliches neidisches Geschwätz hervorzurufen, entschied sich die jährlich wechselnd besetzte Jury (2013 Nicolaus Schafhausen, Nina Schedlmayer, Luisa Ziaja) den „Established Gallery Prize“ der Wirtschaftskammer für die beste Standpräsentation zum dritten Mal in Folge an Hubert Winter zu vergeben. Hubert Winter zeigt eine Serie von Franz Vana, strenge, körperhafte Graphitarbeiten auf Papier aus den 70er Jahren (o.T.; je 1.800 € bzw. 2.500 €). Der Galerist nahm eigenhändig die blockhafte Hängung in ruhiger, rhythmischer Symmetrie vor, welche die Qualität des wenig bekannten Künstlers souverän zur Geltung bringt. Nicht uninteressant wäre das Projekt „Vienna Start Up“ gewesen, das der Galerienverband leider zu kurzfristig initiierte. Mit einem Angebot von Kunstwerken unter 3000 € soll das interessierte und weniger betuchte Publikum zum Kunstkauf animiert werden. Da die Galerien sehr spät von dem Unternehmen wussten, fällt das Angebot ziemlich spärlich aus. Ausbaubedürftig ist auch das „Austrian Sculpture Project“. Auf einer Zone von ca. 1000 Quadratmetern werden im Innen– und Außenraum Skulpturen von österreichischen KünstlerInnen aus den 60er Jahren bis zur Gegenwart präsentiert. Allerdings sind die meist silberfarbigen Figuren im Mittelformat am Vorplatz schwer auszumachen. Das Projekt scheint im Außenbereich zaghaft und im Innenraum etwas lieblos realisiert worden zu sein. Die zum Teil sehr spannenden Werke wirken wie ohne Konzept in bezugloser Un–Ordnung arrangiert. So begrüßenswert diese beiden Initiativen sind, so zeigt sich gerade in der Dürftigkeit ihrer Umsetzung ein Schwachpunkt der VIENNAFAIR 2013. Die unüberschaubare Fülle an konzeptionellen Facetten im viertägigen Programm der Messe mag eine unvergleichliche Dichte für ein ungewöhnlich breites Publikum bieten. Doch sollte man sich vielleicht weniger auf den Unterhaltungswert als auf die Konsequenz und Qualität in der Realisierung von zwar herkömmlichen, aber grundlegenden Prämissen einer repräsentativen Kunstschau konzentrieren.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

VIENNAFAIR The New Contemporary
10 - 13.10.2013

Messe Wien
1020 Wien, Messezentrum Wien Neu, Halle A
http://www.viennafair.at
Öffnungszeiten: Do 11 - 19 h; Fr 11 - 21 h; Sa 11 - 19 h, So 11-18 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: