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Personal Likes in Salzburg, ein Rückblick

Ein Kunstwerk ist ja nicht nur bemerkenswert, wenn es aktuell zu besichtigen ist. Information darüber kann verschieden getriggert sein. Manchem geht ein Ruf voraus, manches macht Schlagzeilen, manches greift zeitversetzt. - Salzburg hatte wieder seine Festspielzeit, seine Festspielausstellungen und die Besucher konnten ihre Entdeckungen machen... Etwa die Galerie Trapp. Erst im März dieses Jahres wurden die Räumlichkeiten im ersten Stock in der Griesgasse mit Enrique Fuentes eröffnet und als Festspielausstellung gab man die von Fabian Patzak in Tagewerk-Manier gemalten und von architektonischen Details geprägten Bilder, die durch Ankäufe für das Lentos in ihrer Qualität bestätigt wurden. Die persönliche Entdeckung bestand aber in den Relikten der zweiten Ausstellung: Die Marmorarbeiten von Peter Niedertscheider. Zwei kleine Tafeln in rilievo schiacciato meisterlich gearbeitet. Ihnen haftet etwas von Nicht-von-hier-und-Jetzt an. Und tatsächlich musste sich Niedertscheider vom akademischen Mainstream erst herausschälen, um sich diese Technik, die ihre Hochblüte in der Renaissance hatte, bei einem Meister des Faches anzueignen. Der zweite Blick eröffnet die Sujets im Detail. Jetzt ist man im Jetzt, auf der Party, am überfüllten Strand, beim Nacktbaden, als Tourist im Louvre - Privatheit pur. Der Katalog und das Internet enthüllen auch die vollplastischen Arbeiten, allesamt aus Südtiroler Marmor, bzw. das grafische Oevre Niedertscheiders. Selbst "Aitres", die Festspielausstellung von Mario Mauroner in der Residenz, die das Sein / oder Nicht-(greifbar)-Seiende beschwor, ist bereits passé. Ermöglichte aber zuvor ein Wiedersehen mit Carlos Aires Figurenensembles. Diesmal nicht aus Vinylscheiben, sondern aus Banknoten - diese beiden angesichts der elektronischen Ersetzbarkeit oldfashioned wirkenden Bedeutungsträger, aber beide: lasercut. Durch diese präzisen Schnitte wird die Verletzlichkeit des Materials offenbar, ihre Aura gebrochen, ihre Macht relativiert. Durch die Gesten und Posen ihre Funktion und Bedeutung konterkariert. Desaster nennt Aires seine Serien und nach Salzburg ist vor Istanbul: Für die Art International Istanbul 2013 entstand der Werkblock Turkish Desaster, fatal inspiriert von den Ereignissen und folgenden Berichterstattungen über den Gazi Park in Istanbul. Aires untersuchte die Abbildungen dramatischer Ereignisse, löste einzelne Figuren heraus, platzierte sie vor einer aktuellen türkischen Banknote - und provoziert ein neues „hintergründiges“ Spannungsfeld. Eine eigenartig archaische Interpretation von Flower Power wird leiblich spürbar, wenn man der Orchidee-Skulptur von Marc Quinn im Museum der Moderne Mönchsberg gegenüber steht. In makellosem porzellanenem Weiß fächert sich die Blüte „überlebensgroß“ vor dem Betrachter auf, grazil, zerbrechlich wirkend und doch auch wie ein mächtiger, bedrohlicher Flügelschlag… Der Künstler – eigentlich untypisch für den YBA - schafft seit 2008 phantastisch überdimensionierte, meist bemalte, man möchte sagen „hyperästhetische“ Broncegüsse von Orchideenblüten und spielt auch in seinen Bildern mit der Überdimensionierung des Pflanzlichen, Inversion und Künstlichkeit. Nachdem die Ausstellung Flowers & Mushrooms – die letzte von Toni Stooss in seiner Ära als Direktor konzipierte - noch bis 27. Oktober d. J. zu sehen ist, sei diese Entdeckung exemplarisch genannt. Die Kunst und die Schau bietet aber ganz kontroverse Blickpunkte auf Pflanzen und Pilze – vom sachlichen Zugang zur Species Plantarum über Eros und Thanatos bis Les Fleur du Mal. Off Space. periscope:project:space. Hier gings an die Substanz des Raumes, wobei die Wandritzungen von Milijana Istijanović mehr am Punkt waren als Andreas Anderssons prozesshafte Installation, die schließlich den Galerieraum zu überfluten begann. Vor der Location fanden sich aufschlussreiche Objekte über den Geist hinter dieser Location: Bepflanzte Container, Aufschrift BLATTFORM bzw ein Bohnen-Tipi. Im Juni hieß es an zwei Tagen D.I.Y. DO IT YOURSELF / Sachen selber machen, PFLANZENFLÜSTERN – eine Urban Gardening Aktion – trotz massivsten Hochwassers und Regens. Die andere Art, Kunst und Leben zu verbinden. -- Galerie TRAPP Griesgasse 6 (1. Stock), A -5020 Salzburg www.trapp.cc Galerie Mario Mauroner contemporary art Salzburg Residenz www.galerie-mam.com Flowers & Mushrooms 27.06.2013 - 27.10.2013 MdM Mönchsberg, Mönchsberg 32, 5020 Salzburg www.museumdermoderne.at periscope:project:space 5020 Salzburg, Sterneckstraße 10 www.periscope.at
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
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Aure | 08.10.2013 12:54 | antworten
...für ein manuelles Paukensolo in W.A.Mozarts "Serenata notturna" im Konzert der Camerata Salzburg am 15. August im Residenzhof / Salzburger Festspiele 2013. Kommentar des Paukisten auf Anfrage, ob das schon Mozarts Anweisung war: die Serenata Notturna ist in der Tat ein ganz ungewöhnliches Stück. Aus vielen Gründen. Einer davon ist die Besetzung. Eine reine Streicherbesetzung mit Pauke ist bis dahin nicht dagewesen. Ungewöhnlich ist das Solistenquartett, das aus 2 Geigen, Bratsche und nicht Cello, sondern Kontrabass besteht. Die Stimmführung des Basses ist auch eine ganz andere als die des Cellos. So gibt es viele Eigenarten in dem Stück. Im letzten Satz schrieb Mozart mehrere Fermaten-Takte, das heißt: eine Aufforderung zu Kadenzen. Für welches Instrument, das überließ er den Ausführenden. Da liegt es auch nahe, dass alle Soloinstrumente eine Kadenz spielen, somit auch der Paukist. Bereits vor etwa 20 Jahren machte mir Martin Haselböck den Vorschlag, erstmals eine Kadenz zu spielen. Seitdem habe ich die Serenade unzählige Male mit den verschiedensten Orchestern gespielt und dabei jedes Mal improvisiert. Weil der Residenzhof eine so gute Akustik hat und ich die delikate Stimmung nicht durch lautes Schlägeltrommeln stören wollte, entschloss ich mich ganz spontan, eine Kadenz mit den Fingern zu spielen. Als Vorlage zur Improvisation dient das thematische kompositorische Material, wie Sie richtig erkannt haben.

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