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Baseler Art

Die Art Basel ist keine Industrie- oder gar Technologiemesse; es gibt keine Innnovationen zu sehen. Sie ist eher eine heilige Messe, und das Ritual, das hier Urstände feiert, rankt sich natürlich um den Gott Mammon. Der Kunstbegriff, der ja ohnedies dem Autoritativen, dem Prinzipientreuen und der Bereitschaft zur höheren Wertschätzung zuarbeitet, liefert der Konzelebration eine gewisse Weihe. Ansonsten ist es wie bei Gottesdiensten üblich: Wichtiger als Predigt oder Eucharistie ist das Herumstehen vor und nach der Kirche, ist die Vorführung der Entourage, das Neidischmachen der anderen und die Verabredung für Später. Und wie immer bei solchen Zeremonien richtet sich der Sermon an diejenigen, die sowieso da sind. Der Art Basel vorzuwerfen, dass sie es aufs Verkäufliche abgesehen hat, ist kläglich. Die mittwöchliche Eröffnung war noch nicht vorbei, da hat die Lisson Gallery aus London schon per Mail zum Ausdruck gebracht, dass es sich gelohnt habe, „to have brought more secondary market work than before“. Und sie haben selbstverständlich recht, wenn ihnen, und das nur als Beispiel, ihr Anish Kapoor für 700.000 britische Pfund weggegangen ist. Das mit dem Primary Market hat man Basel außerdem noch nie recht abgenommen. Damit man nur ja merkt, wie wertvoll die Ware ist, hat es sich Gagosian, wer sonst, nicht nehmen lassen, Wächter zu engagieren, die nun etwa vor einem Wandrelief von Jeff Koons Aufstellung nehmen. Solche Kronjuwelen kommen ja immer mehr aus der Gegenwartskunst, und für diejenigen, die es interessiert, sei festgestellt, dass entsprechend die klassische Moderne sich deutlich im Rückzug befindet. Aber für die war man – also unsereiner - auch nie in Basel. Wofür war man eigentlich dort? Gibt es etwas zu erfahren, was nicht auch in der „Bunten“ steht? Die Antwort ist nein. Man kann eine grassierende Retromanie feststellen, die es liebt, wenn eine Fotoarbeit von Olafur Eliasson von 2003 aussieht wie die frühen Serien von Thomas Struth (bei Tanya Bonakdar) oder wenn Rosemarie Trockel wieder einmal (bei Sprüth Magers) mit einem Strickbild vorstellig wird, diesmal eben zeitkonform in den Maßen drei auf drei Meter. Man kann erstaunliche Renaissancen feststellen wie diejenige von Günther Förg, den nicht weniger als sieben Galerien dabei haben, zum Teil mit ganzen Kojen; und auch weniger erstaunliche, etwa Robert Longos, der nie ganz weg war, aber jetzt mit seinen großformatigen (viel Kohle), in Graphit gearbeiteten (noch mehr Kohle), penibel ausgeführten (das Uraltkriterium der Meisterschaft) und in Schwarz-Weiß gehaltenen (Understatement und Coolness) Blättern so etwas wie den Künstler der Stunde abgibt. Für mich die Arbeit schlechthin der Messe stammt von Francesco Vezzoli (zu sehen bei Franco Noero). Zugegeben, sie ist eigentlich zu klein, aber sonst passt alles: Vezzoli macht jetzt in Stickerei, das kommt gendermäßig gut; seine Handarbeit steckt in einem vierfachen Passepartout, das lässt sie kostbar erscheinen; motivisch ist das Stück gut abgehangen, denn es lässt die Quadrate von Josef Albers Revue passieren; und der Titel ist perfekt retromanisch: „Homage to Albers' 'homage to the square'“ Eine Hommage an die Hommage. Das erinnert nicht von ungefähr an die 14. Ausstellung der Secession, mit der Ehrerbietung der Wiener Künstler gegenüber Max Klingers Ehrerbietung gegenüber Beethoven. Das ist dann auch die Botschaft der Art Basel: Damit alles gleich bleibt in diesem Kunst-Kult, muss sich alles ändern. Vor allem die Preise.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Absenderin
Stöcklin | 17.06.2013 07:43 | antworten
Sehr geehrter Herr Metzger besten Dank für Ihren Artikel. bitte schreiben Sie nächstes Mal über die Basler Art - Baseler, das ist ziemlich falsch. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

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