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Alter Christbaumschmuck

Einmal jährlich wird der wohlverwahrte Schatz aus den Kindheitstagen gehoben. Gerade noch in verschlissenen Kartons, bevölkert filigraner Christbaumschmuck dann in vielerlei Gestalt den Luftraum in den Ästen des Weihnachtsbaums. Seit einigen Jahren erfreuen sich vor allem gläserne Kunstwerke steigender Beliebtheit unter den Sammlern. Dem folgte naturgemäß eine Reihe von Publikationen und damit zumindest teilweise die Aufhebung der Anonymität; neben den traditionellen Glasherstellungszentren wurde wohl der eine oder andere Erzeuger bekannt, die annähernd vollständige Bandbreite seiner Produktion (vorwiegend in Gablonz und Lauscha) blieb dennoch ein Geheimnis. Angebot: in allen Formen & Farben Je nach Mode und wirtschaftlichen Gegebenheiten wechselten beim Christbaumschmuck die Materialien; während des Krieges verwendete man etwa statt der unerreichbaren Gold- und Silbereinzüge eher farbiges Sattglas (opakes Glas). Neben Stiften und Perlen aus Glas wurden aber noch andere Materialien verwendet. Künstliche Zweige und Gras, Papier und Karton, Lametta, leonischer Draht, Chenille, Wachs, textile Materialien, phosphoriszierende Füllungen und Kunststoff bilden dann einen reizvollen Kontrast zum Glas - so lädt samtiges Gefieder zum Berühren flauschiger Vögel und in der Dunkelheit sanft leuchtende Glaskörper faszinieren wie in Kindheitstagen. Wer seinen Christbaum in alter Manier schmücken und gleichzeitig in Farbklängen stylen möchte, dem bietet Glasperlen-Christbaumschmuck alle Fassetten: mattes Silber & strahlendes Gold, Glanz im Brokat winziger Glassplitter, Atlasweiß & Vielfarbigkeit, Ketten aus roten, goldenen, silbrigen, blauen und grünen Gliedern, Silbertrauben oder Perlen in sattem Orange & Gelb, als opalisierende Olive mit orangeroten Streifen heben sie sich etwa vom Silber ab; fremd und außerordentlich dagegen das Schwarz längs fassettierter Oliven oder Farblinien in Grün, Blau und Gelb, etwa in gedrehter Form, mit der kreisende Bewegungen suggeriert werden. Zartfarbig silbern, farbenfroh leuchtend, glänzend und seidenmatt heben sich die Gehänge so vom Grün der Zweige ab; von der massiven Olive zur winzigen Rocaille, vom Atlasstift zur kantigen Sprengperle, von der Perlenklautsche zur großen Hohlform existieren die verschiedensten Arten von Glasperlen. Libellentanz am Weihnachtsbaum Aus den verschiedenen Gestalten seien nun einige hervorgehoben, die sich durch die Kombination verschiedener Materialien unterscheiden. Etwa die seltener anzutreffenden Menschenfiguren. Marionettenhaft hängen sie mit einer gemalten "Maske" und durch das Flackern des Lichts wechselndem Gesichtsausdruck an den Zweigen. Die Körper bestehen aus Perlenkugeln, Halboliven, Eichelköpfen und tropfenartigen Armen verziert mit Lamettabüscheln oder leonischem Draht. Räder-Scheiben sitzen wie flache Hüte auf ihren Köpfen und den Hals umgibt ein Kranz aus weichem Chenille. Menschgeworden rudern sie dann in kleinen Booten, betrachten die "Welt" von oben aus Fallschirmen oder Ballons oder hängen an Leitern und schwingen lebhaft doch lautlos mit der Bewegung kleiner Schaukeln. Der Tierwelt entspringen aus den Elementen Luft, Wasser und Erde die verschiedensten Artgenossen: von der schillerndsten Libelle, den prachtvollsten Schmetterling über Spinnen in Netzen hängend, auf Leitern und dünnen Drähten schwankend bis zu bunten Vögeln aus Glas und Chenille oder Hummern mit ausgebreiteten Zangen und feinen, durch die aufsteigende Hitze des Kerzenlichts zitternden Fühler. Entsprechend den technischen Errungenschaften des 19. und frühen 20. Jahrhunderts finden wir auch Flugzeuge, Flugschiffe wie den spitzovalen Zeppelin und Ballons, die mit ihrer glänzenden Wandung spiegelnd den imaginären Himmel einfangen. Dem Alltag entnommene Fortbewegungsmittel wie Fahr-, Motorräder und Tretroller schmücken ebenso wie Gebrauchsgegenstände, allen voran Tische, Sessel, Gießkanne, Kaffeemühlen oder Flaschen und Krüge; Trompeten, Gitarren und Lauten verheißen festlichen Wohlklang. Früchtekörbchen umfangen im weichen Wattenest oft gläserne Äpfel, Birnen und Orangen, manchmal aus bemaltem Papiermaché. Das die Gestalt bildende Gerüst bleibt dennoch immer verborgen - der Draht im Inneren blieb selbst bei opaken Perlen unsichtbar. Hinter diesem doch luxuriösen Christbaumschmuck steckte zumindest im 19. Jahrhundert eine Industrie, die abseits des Handels für die Ausführungen vorwiegend Heimarbeiter beschäftigte. Markttipp Schon in der Entstehungszeit erfreuten sich diese Fabrikate aufgrund ihres damals günstigen Preises reger Beliebtheit. Heute wird man ab und an im Antiquitätenhandel selten in Auktionshäusern (Dorotheum) fündig; allerdings kosten die Stücke mittlerweile relativ viel (ab 20 Euro aufwärts) - auch deshalb, weil sie als filigrane Kostbarkeiten die Zeit überdauert haben.
Mehr Texte von Olga Kronsteiner

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Ergaenzung: Freiverkauf
Kronsteiner | 17.12.2002 04:03 | antworten
Im Freiverkauf des Dorotheums werden ebenfalls Christbaumschmuck-Konvolute aus Gablonz angeboten.

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