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Der Antipode der Kunst

In Zeiten einer neoliberalen Politik, die ein weltumspannendes Netz an SicherheitsfanatikerInnen zu generieren trachtet, ist es für KünstlerInnen selbstverständlich, der dominanten, an den rechten Rand zusteuernden Realität entgegenzuwirken. Die Reflexion eines risikofeindlichen und Toleranz-schwächenden Wirklichkeitsbildes, in dem die Kluft des ökonomischen Gefälles immer weiter auseinander driftet, lässt meist nur mehr die Wahl zwischen einer schonungslosen Kritik bestehender Machtverhältnisse oder der totalen Abschottung von gegenwartsbezogenen Lebensumständen. Letztere führt zur Bildung selbstreferentieller Schauplätze, an denen die Freudschen Verdrängungsmechanismen ihre Wirkung zeigen. Dem Phänomen der Idylle, das im Gegensatz zu den utopischen, in die Zukunft projizierten Lebenswelten bereits in der Gegenwart seine Umsetzung findet, wird in der aktuellen Nummer der Kunstzeitschrift kursiv nachgegangen. Der Eingangstext von Slavoj Zizek skizziert das Bild vom netten Jungen von Nebenan, der in der Gestalt von Bill Gates die Fäden globaler Macht in seinen Händen hält und den virtuellen Raum zur Ware und daher zum eigentlichen Erfahrungswert des postmodernen Subjektes werden lässt. Mechtild Widrich versucht den Übergang von einer der letzten idyllischen Repräsentationsweisen im Biedermeier zu gegenwärtigen Praktiken des Kunstbetriebes und dem Phänomen des lässigen Loungers zu ziehen, während Jeanette Pacher Idyllkonfigurationen der Gegenwart untersucht, die oftmals im rechten Lager U.S.-amerikanischer Alltagskultur anzusiedeln sind und von der Autorin mit österreichischen Beispielen belegt werden, etwa der Neighborhood Watch und dem Pendant einer Bürgerwehr in Österreichs zweitgrößter Landeshauptstadt. Idyllische Bildlandschaften à la Gerhard Richters Grauen Bildern (Brandon Taylor) sowie sonntägliche Idyllzusammenbrüche von Singles (Petra Rathmanner) werden ebenso verhandelt wie Ratten als Symbol von anti-bürgerlichen und später salonfähig gewordenen Punk-Bands (Wolfgang Kos). Mit zahlreichen künstlerischen Abbildungen in Farbe und einem haptisch faszinierenden Schutzumschlag ein geeignetes Konsultationsexemplar fürs private Bücherregal. kursiv. eine Kunstzeitschrift, Heft 9-3/4/02: Idylle (1). In veilchensüßen Träumen, hrsg. von Jeanette Pacher und Mechtild Widrich, Linz 2002
Mehr Texte von Walter Seidl

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