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Isa Melsheimer - Plant Hunters: Vergangenheits- und Gegenwarts-„Bewältigung“

Lichte, elegante Kühle als erster Eindruck. Durchscheinende zartlila Stoffwände als subtile Raumteiler – ganz Isa Melsheimers Manier, es sich in/direkt mit der Architektur, dem Raum anzulegen, sie/ihn zu befragen, zu reflektieren. Nicht ganz Vorhang, obwohl in textiler Eigenheit der Bodenrand breit gesäumt ist, es gibt auch kein zu verbergendes Dahinter; auch nicht ganz Zwischenwand, obwohl glatt und plan montiert. Auf diesen mehrere Quadratmeter großen textilen Folien finden sich auf wenige Quadratzentimeter komprimierte Stickereien (1) zum Thema: Pflanzenjäger. Tradierte Episoden der (Kunst-)Geschichte, in denen exotische Pflanzen bisweilen kostbarer waren als Menschenleben, wo Pflanzen als spektakuläre Beute und schier „um jeden Preis“ aus Kolonialgebieten in die eigenen botanischen Gärten geholt wurden – von Königin Hatschepsut, über die Tulpenmanie im 17. Jh. bis hin zur Segeltour samt Meuterei auf der Bounty. Als Kontrapost zu den drei Stickereien ergänzen drei flache Miniatur-Glashäuser/Glasgehäuse die Szenerie. Wardschen Kästen nachempfunden, (die um Quantensprünge ansehnlicher und der hochstrebenden Pflanzenform entsprechender waren), mit denen ab 1835 eine entscheidende Wende eintrat, weil das Problem der Verdunstung (und somit des Gießens) bzw. der Temperaturkonstanz auf den Seewegen praktisch gelöst war. Im Setting von Melsheimer wird exemplarisch Bezug genommen auf die Botanischen Gärten von Wien (Maria-Theresia-Palme, sichtlich unter Platzmangel leidend), Berlin-Dahlem (Welwitschia mirabilis – die in der Gouachezeichnung gleich daneben unvergleichlich besser ihr Wesen zu erkennen gibt) und Lissabon. In dieser Serie von Gouachen sehen sich Kakteen und Palmgewächse - solistisch oder ensemble – linear gequaderten Architekturelementen gegenübergestellt, als ein (nüchtern, distanziert, kritisches) Statement der Künstlerin zum zeitgeistigen Bezug von Pflanze und Umfeld interpretierbar. Und dann das Ganze live – der zweite Raum ist voll mit Grünpflanzen in allen Stadien von bestem Zimmer-Topf-Pflanzen-Dasein bis zu definitiver Verdorrtheit. Dazwischen einige Keramik-Wellensittiche als pseudo-idyllische Staffage. Angeprangert – oder sagen wir, zur Schau und Diskussion gestellt - wird die gängige Praxis von massenweiser Erzeugung nunmehr leicht verfügbarer Pflanzen-Exoten - bzw. deren Überproduktion, die dazu führt, dass diese in SB- und Diskont-Märkten eher traurig (ver)enden. Die Galerie als letzte Aufbahrungshalle bzw. Regenerationsstation jener verwahrlosten, vom Kommerz verstoßenen Kreaturen – eine neue Kunstform ist geboren: Gießen! So lautet zumindest die Regieanweisung der Künstlerin. (1) Zu den diversen Materialien, derer sich Isa Melsheimer bedient, gehören Stoffe wegen der ihnen eigenen Haptik/Struktur bzw. Farbe/Musterung seit langem dazu und insbesondere punktuell eingesetzt die Stickerei – durchaus in persönlicher Ausführung bzw. in Auftragsarbeit. Spannende Idee dahinter: Gleiches mit Gleichem auszudrücken – Garn (Stickerei) auf Garn (Gewebe/Stoff).
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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Isa Melsheimer - Plant Hunters
20.03 - 27.04.2013

Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
1010 Wien, Grünangerg. 1/2
Tel: +43 1 5121266, Fax: +43 1 5134307
Email: galerie@schwarzwaelder.at
http://www.schwarzwaelder.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa: 11-16h


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