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Robert Capa - China 1938: Dem Tod entgegen

Die Anfänge des japanisch-chinesischen Krieges in den 30er Jahren aus der Sicht des Fotografen Robert Capa sind derzeit in der Leicagalerie in der Wiener Walfischgasse zu sehen. Gerade rechtzeitig zum 100. Geburtstag des Fotografen. Niemand geringerer als der weltberühmte (Kriegs-)Fotograf Robert Capa begab sich mit einem Filmteam im Jänner 1938 auf die Reise nach China. Capa sollte Kameraassistent für den Film „Die 400 Millionen“ sein und Standfotos über den chinesischen Widerstand gegen die japanische Aggression machen. Regisseur dieses Monsterprojekts war der Niederländer Joris Ivens. John Fernhout arbeitete als Kameramann. (Der Film ist auch in der Leica Galerie zu sehen) Zeitlich fiel dieses abenteuerliche Unterfangen in eine für Capa wie auch weltpolitisch prekäre Zeit. Er hatte im Juli 1937 seine Lebensgefährtin Gerta Taro im Spanischen Bürgerkrieg verloren. Damit war auch seine Verankerung in der Welt erschüttert. Capa, eigentlich Andre Friedmann, der als Migrantenkind die fotografische Spurensuche bis zur Perfektion betrieb und halb Europa durchstreift hatte, verlor damit seine Gefährtin mit ähnlicher Geschichte, politischem Hintergrund und fotografischer Tätigkeit. China sollte somit eine gelungene Ablenkung werden, wie Joris Ivens meinte. Dass bis zu ihrer Ankunft in Hongkong im Februar 1938 bereits eine Million Menschen in diesem Krieg getötet worden war und er sich zu einem vernichtenden Stellungskrieg bis zum Eingreifen der Amerikaner und Weltkrieg im Fernen Osten entwickeln sollte, war damals noch nicht absehbar. Das Filmteam kam unmittelbar nach dem japanischen Massaker in Nanking in China an und verbrachte seine erste Zeit in der provisorischen Hauptstadt Hankou. Ivens hatte sich für seinen Film vorgenommen, das Zusammenwirken des nationalistischen China unter General Tschiang Kaischek mit dem Roten China zu dokumentieren. Es sollte eine Art Propagandafilm für diesen nationalistischen Zusammenschluss werden. Aber schon bald stieß der Regisseur auf zahlreiche Hindernisse. Auch Capa begann den Einfluss der Ehefrau Tschiangs zu spüren, die äußerst bemüht war ihren Gemahl und die nationalchinesischen Truppen ins rechte Licht zu rücken. Ein freies Fotografieren oder Filmdrehen war nicht möglich. Auch die freie Auswahl der Sujets war begrenzt. So durften „Armut“ und Milizsoldaten nicht fotografiert werden. Was in dieser Ausstellung immer wieder zu sehen ist, sind schwarz-weiß Aufnahmen von zum Teil fanatischen Rednern, die ihren Enthusiasmus in die Menge speien. Teilweise sind es fast noch Kinder. Und es ist dieser volkserzieherische Aspekt, der in den Fotos von Capa zum Ausdruck kommt. Um seinen Aufenthalt in China zu finanzieren fotografiert Capa den chinesischen Generalissimus und seine Frau für „Life“ und für die „Picture Post“. Berührungsängste hatte Capa hier wenige, auch wenn die Sympathie des Fotografen eindeutig Rotchina galt. Ein Foto des 50 jährigen Generals ist auch in der Leica Galerie zu sehen. Im April verließ das Filmteam Hankou und fuhr Richtung Front. Der Zug war massiven Bombardements ausgesetzt. Capas Kamera dokumentierte in der Folge die erheblichen Zerstörungen der japanischen Luftangriffe in der zweiten Hälfte des Jahres, den ärmlichen Abtransport von Verletzten und die Folgen der Deichbrüche am Jangtse. So hatte Tschiang Kaischek beschlossen Deiche zu brechen um die Japaner aufhalten zu können. Eine enorme Überflutung war die Folge. Rund 1 Million Chinesen starben in dieser „kriegsbedingten Naturkatastrophe“. In Summe vermittelt diese kleine Ausstellung einen sehr guten Eindruck von Inhalt und Form der politischen Bildreportage der 30er Jahre. Sie zeigt einen Kriegsschauplatz, der uns Europäern nicht allzu vertraut ist. Sie zeigt die Irrungen und Verbrechen der nationalchinesischen Propaganda, die scheinbar oftmals mehr damit zu tun hatte, Maos rote Gefahr abzuwenden, als den japanischen Gegner zu besiegen. Und sie zeigt einen imperialen Krieg des Landes der Roten Sonne, der 1941 mit dem Eintritt der USA in den Krieg zum Weltkrieg in Fernost wurde. Nicht zuletzt zeigt die Ausstellung auch die Arbeit eines Bildreporters, der schon früh die weltpolitischen Greuel des 20. Jahrhunderts am eigenen Leib erfuhr und eine tiefe Sensibilität für Unrecht und Verbrechen entwickelte. Und sie zeigt die Sicht eines Mannes, der seine Liebe verloren hatte und durch die Kamera auf die im Kampf Verlorenen blickt. Diesen Blick gilt es hier zu entdecken und ihm nachzugehen.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Robert Capa - China 1938
13.02 - 13.04.2013

Leica Galerie Wien
1010 Wien, Walfischgasse 1
Tel: +43 1 236 74 87
Email: office@leicastore-wien.at
http://www.leicastore.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-19, Sa 10-18 h


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