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Heinrich Dunst - About A B order: Die Relevanz des Scheiterns

In Großbuchstaben konfrontiert Heinrich Dunst die BesucherInnen am Beginn der Ausstellung worum es in seiner „A B order“ geht: „DER TISCH“ – „DIE WAND“ – „DAS BILD“ – „DER TEXT“ – „DER FILM“... – Termini rund um die Kunst, ihre Gegenständigkeit und Begrifflichkeit im Kontext eines buchstäblichen Prinzips. Leitmotivisch begegnet der entleerte Buchstabe in seiner Differenz zur piktoralen oder ästhetischen Erscheinung – z.B. als übergroßer Versal „A“ oder „R“ aus Polystyrol-Hartschaum, autonom, radikal auf sich selbst verweisend, rosarot, verdichtet und porös. Oder handelt es sich um einen Baustein, ein Zeichen oder einen Verweis, und wenn, wofür, worauf? Sprachlich oder bildlich? Sowohl-als-auch oder weder-noch? Dunsts konstruierte Strategie changiert, täuscht beides vor um sich dann wieder zu entziehen. Sein intellektuelles Diktat führt die RezipientInnen (nicht ohne Humor) an der Nase herum. Gegenüber der Schrift steht eine weiße Stellwand mit einem „ganz normalen“ Bild; an deren Rückseite offenbart sich eine backstage–Situation. Drei Spanplatten ergeben eine Tischform, d.h. einen Tisch oder eine Skulptur, oder sind es einfach Spanplatten? Darauf liegt eine aufgerollte Leinwand, ein aufgemaltes schwarzes Farbfeld zeigt das Wort „SUJET“ in Negativform. Daneben sind Schuhe des Künstlers platziert und das Buch „der/das kleinheinrich“. Die Inszenierung ist mit Theorie aufgeladen, eine Installation von Objekten, die sich konventionell nicht etikettieren lassen; die Setzung ist nicht mehr oder weniger als ein Arrangement aus Gattungs–Hybriden und selbst ein solches, ästhetisiert und überhöht, eindeutig eine Kunst–Form. Die Irritation wird anhand des nächsten Kunst–Griffs in den Werkgruppen im zweiten Raum verschärft: Durch die betonte Konkretheit, sei es nun in der Abstraktheit des Buchstabens, in der Eindeutigkeit der Styroporkörper oder der unübersehbaren Essiggurken- und Thunfischdosen u.ä. Die Objekte drängen sich in ihren solipsistischen Präsenzen vor. Der zusammenhaltende Sinn der Gruppe wird durch die singulären Eigensinnigkeiten suspendiert, die selbst ohne semantische Qualität auskommen. Was resultiert, ist ein Überhang von Selbstbezüglichkeiten als isolierte Phänomene. Im dritten Raum entfaltet Dunst den Dualismus von Wort und Bild in tatsächlicher Gespaltenheit der wie(!) Bilder an der Wand hängenden Exponate in verschiedenen Varianten. Der Versuch einer Überwindung der Unverbindlichkeit des Sichtbaren und des Sagbaren bleibt in diesen Lücken hängen; diese leisten kein Scharnier zur buchstäblichen Fassbarkeit des Bildlichen, sie illustrieren vielmehr die Unmöglichkeit. Der von Dunst obsessiv verfolgte Diskurs wird nur in einer Abzweigung von seiner Stringenz aufgehoben, exemplarisch im abseits gelegenen kleineren Raum. Der fugenlose Bodenbelag der Polystyrol–Platten verleiht dem leeren Zimmer eine rosarote Atmosphäre; die sonst absolutistische Selbstreferenz des Dämmmaterials weicht der sensitiven Präsenz raumfüllender Poetik – und entlarvt die Notwendigkeit der prinzipiellen Fragestellung „A B order“ als Paradox (vielleicht auch in Heinrich Dunsts Sinn konsequent). So fundamental diese Frage nach einer metasprachlichen Option einer buchstäblichen Kunst gestellt, und heroisch durchexerziert ist, genauso künstlich stellt sie sich letztendlich dar. Genau das mag der Intention des ideologischen Unternehmens entsprechen, das gar nicht obsiegen will. Die Relevanz liegt im Scheitern.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Heinrich Dunst - About A B order
25.01 - 09.03.2013

Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
1010 Wien, Grünangerg. 1/2
Tel: +43 1 5121266, Fax: +43 1 5134307
Email: galerie@schwarzwaelder.at
http://www.schwarzwaelder.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa: 11-16h


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