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Max Ernst - Retrospektive: Frischluft für Loplop

Die erste umfassende Präsentation, 1949 in Beverly Hills, wurde vom Galeristen und Künstler William Copley als „reine Katastrophe“ bezeichnet, bei der ersten deutschen Retrospektive, 1951 in Brühl, graute es dem dergestalt Geehrten selbst, es wäre schlicht ein „Alptraum“. Nun zeigt die Albertina, selten um irgendwelche Superlative verlegen, erstmals eine Gesamtschau von Max Ernst (1891-1976) in Österreich, diesmal scheint alles tadellos. Bislang hat man sich diesbezüglich weder von kuratorischer Seite – die Ausstellung wurde von Werner Spies und Julia Drost eingerichtet – noch aus der Direktion zu Wort gemeldet. Nicht einmal ein verhaltenes „der reinste Horror“ war zu vernehmen, kommt ja später vielleicht noch. Max Ernst meinte einst, sein wohl größtes Verdienst wäre gewesen, dass es ihm geglückt wäre, sich nie gefunden zu haben. Aber muss sich der Besucher deshalb in Ausstellungen verlieren, anstatt in den Werken, was bei diesem Falle womöglich weitaus spannender wäre. Es gibt Künstler, deren Finesse in der Variation ihres jeweiligen Metiers liegt, ihnen wird man bereitwillig folgen von Wand zu Wand, von Saal zu Saal. Doch das Œuvre von Max Ernst lebt nicht von Variantenreichtum, sondern von der Innovation, von technischem Erfindungsreichtum wie Frottage, Grattage, Collage, Dekalkomanie oder Oszillation und von köstlichen Ideen, wie jenem (in der Ausstellung leider vermissten) Motiv der Maria, die mit Hingabe dem Christuskind den Hintern versohlt, Breton, Éluard und der Künstler selbst wohnen der Züchtigung als Zaungäste bei. Auch die wild wuchernden surrealen Landschaften sind ein Thema für sich. Nichts ist falsch gemacht in dieser Ausstellung, dennoch gewinnt man den absurden Eindruck, dass mit etwas weniger an Exponaten etwas mehr an Retrospektive herauszuholen gewesen wäre, eine Ausstellung wird ja wohl kaum massentauglicher, wenn das Gezeigte en masse daherkommt. Freilich Werner Spies galt über Dekaden als der Max Ernst-Experte und in bewundernswerter Art und Weise findet er selbst nach Jahrzehnten immer neue Herangehensweisen ans Werk des surrealistischen Weltenbürgers, doch würde ein frischer Blick auf Max Ernst und sein visuelles alter ego, den seltsamen Vogel Loplop, keinesfalls schaden.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Max Ernst - Retrospektive
23.01 - 05.05.2013

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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