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Attila Csörgő und Roman Signer: Nah am Wasser

Als habe sich ein Kran ein Kajak aus dem Rhein geangelt, hängt das rote Wassergefährt samt Paddeln von weit her sichtbar in der Luft und scheint gleichzeitig die neue Devise der Kunsthalle Mainz zu bestätigen, fortan „Nahversorger mit Fernwirkung“ sein zu wollen. September letzten Jahres hat Thomas D. Trummer seine Stelle als neuer Leiter des Hauses am Rheinhafen angetreten und mit einer Doppel-Schau von Roman Signer, von dem auch die Installation im Außenraum stammt, und Attila Csörgő begonnen. Signer wie Csörgő widmen sich in ihren Arbeiten ganz buchstäblich elementaren Dingen wie Wasser, Luft und Feuer beziehungsweise Raum, Licht und Materie und angesichts der ursprünglichen Nutzung der Räumlichkeiten ist die Auswahl der beiden mitunter ironisch mit der Technik und physikalischen Kräften experimentierenden Künstler durchaus evident. In den 1880ern entstanden, war das Gebäude einst für die Energieversorgung des Frachtbetriebes zuständig, in der ehemaligen Lokremise ist heute ein Café untergebracht, die beiden historischen Gebäudeteile verbindend, ragt ein mehrgeschossiger, gläserner Turm in die Höhe. Alles in allem, handelt es sich wohl um eine der schönsten Kunsthallen Deutschlands. Signers luftige Außenarbeit findet ihr schwimmendes Indoor-Pendant in „Kanal“ aus dem Jahr 1995, in dem der rote Kajak seine Balance in einem schmalen, mit Wasser gefüllten Becken sucht. Bei „Volets“ aus dem Jahr 2012 kämpfen die zwei Fensterläden einer hölzernen Wand gegen drei alternierend aktive Ventiltoren. Kaum haben die zwei der Gerätschaften das Fenster geräuschvoll geschlossen, setzt das Gebläse auf der Rückseite zur Arbeit an und öffnete dieses wieder, gleich daneben tönt, gleichsam als akustisches Selbstportrait, lautes Schnarchen aus einem Campingzelt. Attila Csörgő hingegen gibt sich gibt sich als stiller Tüftler. Fasziniert beobachtetet man jene mit einfachsten Mitteln ausgeführte Bastelei, in dem sich die Kanten eines Würfels, eines Tetraeder und eines Oktaeders wie durch Zauberhand geführt, zu einem Ikosaeder fügen und wieder retour zur Ausgangsposition. Für die Versuchsanordnung „How to construct an orange“ (1993-2006) hingegen testet der Künstler mit verschiedenen Papierkonstruktionen einen Körper so zu gestalten, dass er über einem Gebläse nahezu bewegungslos schweben zu scheint. Oben im Turm, vorbei an einem Ausstellungsraum, den Trummer zu einem Kino adaptieren hat lassen, vorbei an alten Fotografien im Stiegenhaus, mit denen der neue Leiter sich und allen anderen stets den Bezug zur Geschichte des Hauses in Erinnerung rufen möchte, gelangt man zu Czörgös Mahlstrom-Projekt (1995) aus dem Besitz der evn-Sammlung. Langsam kriecht in einem rotierenden Aluminiumkessel Altöl die Innenwände hoch, bildet einen Strudel, das eigene Spiegelbild verändert sich. Man blickt hoch, hinaus auf den Rhein, beobachtet einen vorbeiziehenden Tanker und man vermeint sich absolut sicher zu sein, diese Arbeit kann nur für diesen Ort geschaffen sein. Es ist eine Weisheit, die nicht nur für den Sport gilt: Um weitreichenden Erfolg zu haben, muss man zu allererst die Heimspiele gewinnen. Als nächstes folgt übrigens David Claerbout.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Attila Csörgő und Roman Signer
09.11.2012 - 17.02.2013

Kunsthalle Mainz
55118 Mainz, Am Zollhafen 3-5
Tel: +49 (0)6131 12 69 36, Fax: +49 (0)6131 12 69 37
Email: mail@kunsthalle-mainz.de
http://www.kunsthalle-mainz.de
Öffnungszeiten: Di, Do, Fr 10-17, Mi 10-21, Sa, So 11-17 h


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