Werbung
,

Hans Thoma - Lieblingsmaler des deutschen Volkes: Vom Hühner- zum Lieblingsmaler

Das ist natürlich eine Künstlerkarriere, wie man sie liebt. Der Schwarzwaldjunge aus ärmlichen Verhältnissen muss aus finanziellen Gründen die Ausbildung zum Uhrenschildmacher abbrechen, erhält ein Stipendium für den Besuch der Großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe, wird anfangs noch verspottet und geschmäht, kann länger nicht richtig Fuß fassen, um schließlich in Meyers Großem Konversationslexikon als „Lieblingsmaler des deutschen Volkes“ bezeichnet zu werden. Das mit dem Eintrag war 1909, dreißig Jahre später war es immer noch so, auch darüber hinaus, nur war die Auszeichnung danach eher Bezeichnung, das Prädikat eine Warnung. Das Frankfurter Städelmuseum widmet sich nun mit „Hans Thoma. Lieblingskünstler des Deutschen Volkes“ zum einen Leben und Werk jenes Protagonisten, zum anderen an dessen Beispiel, der Sammlungsgeschichte des eigenen Hauses. Die Ausstellung wurde ausschließlich aus eigenen Beständen zusammen gestellt, dabei konnte man durchaus aus dem Vollen schöpfen, verfügt das Städel doch mit 80 Gemälden und rund 400 Papierarbeiten über eine der größten Sammlungen dieses Künstlers. Der Großteil wurde in den dreißiger Jahren angekauft und erstaunt nimmt man zur Kenntnis, dass die letzte Thoma-Präsentation in Frankfurt aus dem Jahr 1934 datiert, da war Thoma eben 10 Jahre tot und konnte sich gegen eine Vereinnahmung durch die Nazis auch nicht mehr wehren. Ist der Meister nun zu unrecht etwas in Vergessenheit geraten? Und, vor allen Dingen, was gefiel den Deutschen wohl so an Thoma? Die Antworten beiben aus, stattdessen distanzieren sich die Kuratoren durch eine schräge „Hoppla-da-stimmt-was-nicht-Inszenierung“ mit grünem Kunstrasen und orangen bzw. violetten Wänden. Über Stationen in Karlsruhe, Düsseldorf, München, Frankfurt und wieder Karlsruhe, wo Thoma die heutige Kunsthalle leitete und an der Akademie, die auch ihn Ausgebildet hatte, als Professor tätig war, kam die Karriere des 1839 Geborenen vorerst nur zögerlich voran. Seine Motive waren das einfache Leben, Landschaften, Stillleben, viel grün jedenfalls und Gustave Courbet darf in vielem als großes Vorbild dienen. Not, Elend, Industrialisierung oder jedweder Fortschritt scheinen in diesem Œuvre hingegen ausgeklammert. Umso mehr rücken nach und nach Themen aus der Welt der Mythen ins Blickfeld, was wohl an der Freundschaft und Bewunderung zu Arnold Böcklin liegt. Weder an Courbet noch an Böcklin, so muss man schlicht feststellen, reicht das Werk Thomas heran. Für den Paragone mit dem Franzosen fehlt es ihm an Finesse in der Maltechnik, für den Vergleich mit dem Schweizer, schlicht an Humor. Thomas Qualitäten, das zeigt die Ausstellung deutlich, liegen überhaupt nicht in der Malerei, sondern eher in der Grafik, wenn nicht gar in gebrauchsgrafischen Entwürfen. Damit vermochte er Schichten zu erreichen, die weniger kunstaffin waren und das wiederum machte ihn populär. Neben der erschwinglichen Reproduktionsgrafik, gab es Kalender, Ausmalbücher, Krigspostkarten, Geschäftsschilder, die Wandmalerein in öffentlichen und privaten Räumen oder Kostümentwürfe für die Bayreuther Festspiele. Überhaupt fanden sich im Wagner-Clan und den Pilgern des Grünen Hügels Förderer und Auftraggeber. Alfred Pringsheim bespielsweise, Professoer der Mathematik, glühender Wagnerianer und als Jude alles andere als deutsch national ließ sich in seinem Münchener Palais den Musiksalon ausstatten. „Im Tanzsaal ein unsäglich schöner Fries von Hans Thoma“, berichtete ein aufstrebender Schriftsteller einigermaßen enthusiasmiert 1904 seinem Bruder Heinrich. Bald darauf sollte der Briefschreiber der „Schwiegertommy“ der Pringheims werden, der Fries indes gelangte 1934 weit unter seinem Wert in die Stuttgarter Staatsgalerie, wo er aus Anlass des Wagnerjahres seit Jahrzehnten wieder einmal komplett gezeigt wird. Dass sich die Erben der Familien Pringsheim/Mann nie für eine Rückgabeforderung entschließen konnten, beschreibt genau das Problem, das man heute mit Hans Thoma hat. -- Hans Thoma Der Pringsheim-Fries bis 13.10.2013 www.staatsgalerie-stuttgart.de
Mehr Texte von Daniela Gregori

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Hans Thoma - Lieblingsmaler des deutschen Volkes
03.07 - 29.09.2013

Städel Museum
60596 Frankfurt am Main, Dürerstraße 2
Tel: +49 69 605098-0, Fax: +49 69 605098-111
Email: info@staedelmuseum.de
www.staedelmuseum.de
Öffnungszeiten: Di, Fr - So 10.00 - 18.00, Mi, Do 10.00 - 21.00


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: