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Art & Antique Hofburg Vienna: Frischzellen des Zeitgenössischen

Die traditionelle nun zum 44. Mal stattfindende Kunst- und Antiquitätenmesse in der Wiener Hofburg sucht mit neuen Akzenten das eingesessene, biedere Image aufzufrischen und auch jüngeres Publikum anzuziehen. Die Teilnahme von zwei Budapester Galerien soll eine Erweiterung des doch sehr nationalen Spektrums signalisieren. Das Angebot von Nagyházi Galéria und Ernst Galeria unterscheidet sich allerdings außer durch seine natürlich ungarische Charakteristik kaum von derjenigen der einheimischen Händler. Aufmerksamkeit erheischt die Inszenierung bei Michael Stoff, der einen lebensgroßen gotischen Corpus Christi vor einem großflächigen Schüttbild von Hermann Nitsch aufstellt. Weniger pompös präsentiert Alfred Kolhammer (Galerie Metropol) seinen marmornen Christus, eine delikate Figur um 1600 aus mehrfarbigem Marmor (Höhe ca. 40cm; 8.800€). Die Räumlichkeiten sind insgesamt ziemlich angefüllt, mit Bild- und Kunsthandwerken aus den letzten drei Jahrhunderten. Bei Schauer aus Krems stehen barocke Sandsteinfiguren neben einem englischen Hochrad (um 1890, Höhe 155cm; 9.500€). Bei Kling zwitschern Singvogelautomaten (19.Jh.) und dreht sich der Erdball der geographischen und astronomischen Globusuhr (1796; 45.000€). Das Gros der Ware wird wie immer dem österreichischen Markt gerecht, ist auf den vermeintlichen österreichischen Kunstsinn beschränkt – eine Masse an Gemälden. Während das durchschnittliche Publikum mit Verwunderung vor Rudolf Polanszkys „Hypertransformer Skulptur“ (2011; Galerie Konzett; 14.000€) verunsichert zurückschreckt, ziehen die Klassiker des Biedermeier und der sogenannten Moderne nach wie vor zahlreiche Liebhaber an. Attraktion der Messe ist und bleibt das Bewährte, das Gewöhnliche, Ware eben, die sich als in einem gutbürgerlichen Wohnsitz repräsentabel erweist. Die Landschaften von Tina Blau oder Emil Jakob Schindler sind ja mit Sicherheit wunderbare Bilder. Und das Blatt von Egon Schiele bei Wienerroither & Kohlbacher ist auch im Vergleich mit den Zeichnungen von Franz Graf („BurgISS“, 2011; Galerie Zimmermann Kratochwill; 4.000€) oder Marianne Lang („Weather Diary“ 2012; baeckerstrasse4; 700€) herausragend. Einige markante Persönlichkeiten der gegenwärtigen österreichischen Kunst sind mit Werken in ihrer spezifischen Klassik im Angebot vertreten, etwa Maria Lassnig (“Der rote Zorn - gebückte Figur”, Öl/Leinwand, 1984; Galerie Ruberl; 190.000€) oder Wolfgang Ernst („rare light – neither“, Mischtechnik auf Papier, 1992; Galerie Kunst&Handel; 4.800€). Für beste historische Fotografie ist Johannes Faber ein Garant gewesen, seine diesmalige Abwesenheit ist mit den wenigen auffindbaren fotografischen Arbeiten eigentlich nicht zu kompensieren. Die Edition von Rudolfs Schwarzkoglers erster Aktion „Hochzeit“ (1965, Edition 1980; Galerie Zimmermann Kratochwill; 1.900€), Günther Förgs Farbfotografie „Wittgenstein-Villa“ (1985; Galerie Elisabeth & Klaus Thoman; 75.000€) oder Jürgen Klaukes gesellschaftsrelevante „Ansicht“ (1972/73; ebenfalls Thoman; 25.000€) trösten ein wenig. Das Angebot an Biedermeier- und Barockmöbel ist merklich zurückgegangen, dafür ist moderneres Design eingezogen. Auf dem Messestand von Harald Bichlers Rauminhalt, vor der Kombination eines Sideboards von Antoine Philippon/Jacqueline Lecoq (1962; 28.000€) und darüber platzierten Frank Stella-Lithographien („Copper Series“, 1970; 38.000€), auf einem der Sessel Mies van der Rohes („Barcelona“, 1929; 6.500€) fühlt man sich tatsächlich versetzt, dem Messetrubel enthoben in eine Sphäre gelassener Eleganz. Bichlers Möbel des 20. Jahrhunderts finden die adäquate Ergänzung mit der Einführung des Sonderprojekts art&function, Künstlermöbel der Gegenwart. Diese Exponate sind nicht unter den Begriff Design zu subsumieren, sondern als Kunstwerke mit Gebrauchsfunktion. Der skulpturale Aspekt geht mit dem praktikablen eine Symbiose ein, ohne seine Dominanz zu mindern. Dennoch sitzt man in Gilbert Bretterbauers Stuhl (2010; 4000€) und an Michael Kienzers Schreibtisch (2011; 13.000€) vorzüglich und Gisela Stieglers Lampe (2011; 2.300€) gibt ein behagliches Raumlicht ab. Mit der Thematik Design, Kunst oder Möbel, wird nicht nur ein relevanter Diskurs aufgeworfen, sondern das konventionelle Image der ART&ANTIQUE aufgefrischt. Ihre herkömmliche Atmosphäre ist um einen zeitgemäße Facette bereichert.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Art & Antique Hofburg Vienna
10 - 18.11.2012

Art & Antique, Hofburg
1014 Wien, Hofburg / Heldenplatz
Tel: +43 (1) 587 12 93, Fax: +43 (1) 587 12 93 /DW 20
Email: office@mac-hoffmann.com
http://www.artantique-hofburg.at
Öffnungszeiten: 11 - 19 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Bissl schauen
Ernst hilger | 13.11.2012 06:45 | antworten
Und die phänomenale Attersee Präsentation am Eingang wird einfach übersehen

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