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Schwarze Romantik von Goya bis Max Ernst: Das kalte Grauen in 7 Kapiteln

Was also erwarten von einer Ausstellung, die sich der „Schwarzen Romantik“ widmet? Freilich müssen Werke von Johann Heinrich Füssli dabei sein, „Der Nachtmahr“ beispielsweise, eines der Schlüsselbilder jener Strömung. Francisco Goya, wird vertreten sein, als Meister des Grauens führt er gekonnt durch die Tiefen der menschlichen Existenz, in denen alle tümpeln, Opfer und Täter, Gut und Böse, erscheinen bei ihm als tauschbare Größen. Auch Théodore Géricaut und Eugène Delacroix sollten dabei sein, beide scheinen irgendwann des Malens von tugendhaften Helden überdrüssig geworden zu seinen und fanden Freude an der dramatischen Darstellung von Ausweglosigkeiten und dunklen Mächten. Ebenso wenig dürfen die deutschen Romantiker fehlen, sie allerdings gaben sich auf der dunklen Seite ihres Metiers eher menschenleer. Offene Gräber, verfallene Kirchen, einsam karge Landschaften, kalt, düstere Szenarien. Irgendwo scheint sich bei den Kollegen Caspar David Friedrich, Gustav Carus, Carl Blechen, immer noch ein Abgrund in dieser lastenden Stille zu finden. Sie alle scheinen ebenso absehbar wie Belege jüngerer Künstlergenerationen wie Odilon Redon, Arnold Böcklin, James Ensor, Fernand Khnopff, Edvard Munch Alfred Kubin oder mindestens einer geheimnisvollen Sünde von Franz von Stuck. Die Surrealisten fanden sich als bereitwillige Nachfolger ein und freilich können filmische Beispiele das Ihrige zum allgemeinen Schaudern beitragen. Wem fiele da nicht aus den 1920er Jahren Friedrich Wilhelm Murnaus Nosferatu ein und die berühmte Szene aus dem andalusischen Hund in der Luis Buñuel und Salvador Dalí in einer Vollmondnacht die ungewöhnliche Begegnung eines Rasiermessers mit einem Augapfel vorführen. Die USA haben im folgenden Jahrzehnt mit Filmen wie Dracula oder Frankenstein das ihrige zum Grusel beigetragen. So weit, so gut und vorhersehbar. Doch die Ausstellung im Frankfurter Städel Museum ist ganz wunderbar. Es sind die kleinen Überraschungen innerhalb der großen Inszenierung, die es womöglich ausmachen, kaum bekannte Beispiele bekannter Künstler. Wiliam Blakes „Der große rote Drache“, die Rückenansicht eines überaus muskulösen Ungetüm zwischen Mensch und Tier, hat beispielsweise nach mehr als einem Jahrzehnt aus dem Brooklyn Museum nach Europa reisen dürfen. Von Paul Delaroche, als Hofmaler der enthaupteten Könige prominent geworden, ist das überaus ergreifend wie weniger bekannte Totenbildnis seiner Frau in der Ausstellung vertreten, mit dem er die jung Verstorbene mittels Heiligenschein zu einer Märtyrerin glorifiziert. Victor Hugo indes hinterließ auf Manuskripten, Kuverts und anderen Papieren private Kritzeleien, bei denen sich Fantasie, Zufall und Experiment oftmals ein erstaunliches Stelldichein gaben, was wiederum die Surrealisten beflügelte. Brassaï schließlich sammelte über zwei Jahrzehnte hinweg als Fundstücke an Wänden - Graffitis, Ritzungen oder Löcher, die zu Schädel, Masken und Gesichter werden und somit zu einem Memento Mori im urbanen Raum. Was jedoch an den sieben Stationen der Ausstellung, die von Einsamkeit, Melancholie, Leidenschaft, Ausweglosigkeit, Wahnsinn und Tod, erzählen, am meisten verwundert, ist eine spezielle Spezies an Besuchern. Selten hat man in Präsentationen wie dieser so viele interessierte Jugendliche gesehen. Das lag sicher nicht an den lustig flatternden Fledermäusen, die im November über den Bildschirm der Museumswebsite huschten.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Schwarze Romantik von Goya bis Max Ernst
26.09.2012 - 20.01.2013

Städel Museum
60596 Frankfurt am Main, Dürerstraße 2
Tel: +49 69 605098-0, Fax: +49 69 605098-111
Email: info@staedelmuseum.de
www.staedelmuseum.de
Öffnungszeiten: Di, Fr - So 10.00 - 18.00, Mi, Do 10.00 - 21.00


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